Freitag, 11. Juli 2008

8 Std. Kaltwassertraing in Dover, 5.-7. Juli



Auf dem Weg nach Dover (4. Juli 08)

Gut vier Wochen vor meiner Schwimm-Tide (7.-16. August) habe ich es endlich über ein Wochenende nach Dover geschafft. Es war mir wichtig, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, was mich erwartet und wo ich mit meinem Training stehe.

Mit dem Zug von Heidelberg nach Calais, mit der Fähre nach Dover - eine Tagesreise, aber ich wollte die Fähre nehmen um die Strecke wieder zu sehen. Der Kanal war ruhig, glitzerte in der Sonne, die weißen Kreidefelsen von Dover waren schon von Frankreich aus zu sehen.

Abends, nach dem Einchecken im Westbank Guest House, kurzer Spaziergang zum Hafen und nur mit den Beinen ins Wasser - Temperatur erschien "erträglich". Hier vom Hafen konnte man wiederum die französische Küste sehen! Sehr ungewöhnlich, meist ist sie im Dunst verschwunden.

Samstag, 1. Training (5. Juli)

Samstag schien wieder die Sonne, auch wenn der Wind zugenommen hatte. Um 9 Uhr waren schon über 30 Schwimmer aus aller Welt am "Swimmers Beach" versammelt, wo die numerierten Badekappen verteilt wurden: rot für lange Schwimms (3-6 Stunden), gelb für die kürzeren (1-2 Stunden) der Staffeln oder Neuankömmlinge wie mich.



Der lange Marsch in schwimmbares Wasser....

Mein Ziel: so lange im knapp 16 Grad kalten Wasser aushalten wie möglich. Nach einigen Hallos und Begrüßungen ab ins Wasser. Zuerst biss die Kälte scharf ins Gesicht, aber schon nach kurzer Zeit legte sich das Gefühl. Eine Runde - links zum Ost-Dock, zurück zum Prince of Wales Pier (PofW) und wieder zurück zum Swimmers Beach - ist bei mir gut 1 Stunde.


Mit Alison Streeter, "Queen of the Channel" mit 43 erfolgreichen Durchquerungen. Sie hat dieses Jahr ihr eigenes Boot und ist mein Pilot. Sie kennt viele Schwimmer unseres Sri Chinmoy Marathon Teams persönlich, war schon beim Zürichseeschwimmen dabei und wurde von Sri Chinmoy in Australien für ihre Inspiration mit dem "Lifting up the World with a Oneness-Heart"-Award geehrt.

Es war ein super Gefühl, im salzigen Meerwasser mit wesentlich stärkerem Auftrieb in kräftigen Wellen zu schwimmen. Auch die Kälte tat eigentlich gut. Am Ende der ersten Runde jedoch begannen meine Finger taub zu werden und fast zu flattern im Wasser - ein komisches Gefühl. Also stieg ich aus dem Wasser, wechselte in einen trockenen Badeanzug, zog mich dick an und wärmte mich in der Sonne und mit Joggen auf.



Margit und Vasanti - nach dem ersten "Dip"

Bei der nächsten Runde dasselbe - als die Finger taub wurden, ging ich wieder zum Aufwärmen raus. Ich hielt es für besser, langsam zu akklimatisieren - meist war ich zuhause in 20-25 Grad warmem Wasser geschwommen!

Als die 6-Stunden-Schwimmer zur letzten Runde ansetzten, schwamm ich meine dritte Runde - und war einigermaßen happy in der Hoffnung, am nächsten Tag mehr zu schaffen.

Margit, eine hervorragende Freiwasserschwimmerin aus Deutschland, die letztes Jahr als schnellste deutsche Frau geschwommen war, sah nach 2 Stunden ebenso durchgefroren aus wie Miyuki, eine Japanerin, die in wenigen Tagen schwimmen will und den Kanal schon 5 mal geschafft hat! Na, dann kann es ja nicht so schlimm sein, sich an die Kälte zu gewöhnen.

Abends noch einen langen Spaziergang zum Shakespeare Beach und Cliff, von wo die meisten Kanalschwimms starten, kurze Meditation dort mit der Vorstellung, die deutlich sichtbare Küste zu erreichen. Abschreckend eher die endlose Reihe von Containerschiffen, Supertankern etc., die sich in der Ferne von links nach rechts und von rechts nach links durch die beiden Schifffahrtsstraßen bewegen. Wie schaffen unsere Boote das, die Schwimmer da durchzulotsen!?! Und dann kommt vor der Küste natürlich noch die Strömung ab der 9. oder 10. Stunde!



Shakespeare Beach - am Horizont sieht man Frankreich! (großklicken)

Sonntag, 6. Juli

Um 9 Uhr wieder am Strand. Diesmal unter verschärften Bedingungen. Es windet noch stärker, und es regnet!



Der Kanal zeigt sein anderes Gesicht!



Freda und eine weitere unerschrockene und selbstlose Helfer-Seele

Freda, die Mutter von Alison Streeter, der "Queen of the Channel" mit 43 Durchquerungen, betreut die Schwimmer am Wochenende bei ihrem Training ehrenamtlich. Heute bitte ich sie um die rote Kappe, da ich mehr als zwei Stunden am Stück schwimmen will. Ich halte mich sogar an die Gepflogenheiten und komme erst nach der 2. Runde zum "Füttern" an Land - evtl. ein Fehler. Es gibt einen Becher warmes Maxim - das Standardgetränk vieler Kanalschwimmer mit Maltodextrin, Glucose und Vitaminen - dann ab zur nächsten Runde. Heute ist es so "choppy" - wellig - dass wir nicht ganz bis zum östlichen Dock schwimmen dürfen. Beim dritten Feed gibt es zum Maxim noch einen Schokoriegel. Aber die Pause ist minimal.

Im Kopf male ich mir schon aus, wie ich sicher 5 Stunden schaffe, dann kleine Aufwärm-Pause mache und noch eine 6. Runde draufsetze. 6 Stunden wäre der Qualifying Swim für den Kanal, allerdings am Stück natürlich. Ich kann ihn auch noch beim nächsten Mal machen, daher kein Druck.

Die Finger, die am Anfang wieder taub wurden, haben sich im Wasser wieder aufgewärmt - d.h. die Durchblutung funktioniert, der Körper gewöhnt sich an die Bedingungen. Am Ende der 4. Runde jedoch - die Luft ist fast kälter als das Wasser, keine Sonne wärmt diesmal - kriecht die Kälte in meinen Körper, sicher auch weil ich zu wenig Kohlenhydrate zu mir genommen habe. Zwei Becher pro Feed hätten es schon sein müssen. Als ich zur nächsten Fütterung an den Strand schwimme, fragt mich der Helfer: "Fertig?" (eine ganze Reihe von Schwimmern hat nur 4 Stunden vor) - und ich nehme das als Stichwort und steige aus dem Wasser. Hätte er gesagt: "Super, du schaffst auch noch eine Runde!", wäre ich wahrscheinlich nochmal losgeschwommen!

Jetzt begann es auch noch zu regnen und der Wind wurde noch stärker, sodass nach dem Umziehen nicht wirklich mehr an ein erneutes ins Wasser gehen zu denken war. 6 Stunden wären befriedigender gewesen, aber auch 4 Stunden am Stück beim ersten Mal ist nicht schlecht. (1985, als ich beim ersten Schwimm im Hafen problemlos 7 Stunden schaffte, hatte ich 10 kg mehr drauf und war besser ausgeruht - und ein paar Jährchen jünger!)



Eisessen ist auch eine Form von Kältetraining...

Abends noch eine Stunde joggen, essen und ins Bett, in der Hoffnung auf Sonne und noch einen langen Schwimm am nächsten Tag.

Montag, 7. July

Um 9 Uhr wollten wir uns mit Margit, Miyuki und ihrem Coach am Strand treffen. Aber es windete und regnete. Ich war zuerst da (Kamera zuhause gelassen) und beobachtete einen Australier, der in den hohen Wellen im aufgewühlten graubraunen Wasser mutterseelenallein eine kurze Runde drehte.

Als die anderen kamen, wollten sie nicht schwimmen - Margit, weil sie sich für die Freiwassermeisterschaften am Chiemsee in Kürze keine Erkältung holen wollte, und Miyuki, weil sie vor ihrem Schwimm nicht mehr viel trainieren muss/will. Wobei Kältetraining für sie noch wichtig ist, dachte ich bei mir. Da für Nachmittag Sonne gemeldet war, vereinbarten wir, um 3 Uhr schwimmen zu gehen. Alleine im Wasser hätte ich mich jetzt sicher nicht wohlgefühlt.

Als ich um 3 Uhr wieder zum Strand kam, war weder die Sonne da, noch meine Mitschwimmer. Als sie dann gegen 4 Uhr auftauchten und mit ihnen sich die Sonne einen Weg durch die Wolken bahnte, merkte ich, dass ich vergessen hatte, dass meine Uhr noch deutsche Zeit anzeigt.

Das Meer war immer noch wild, mit der Flut war die Brandung am Strand fast gefährlich geworden, aber ich konnte Miyuki zu einer halben Stunde überreden. Als wir erstmal im Wasser waren, machte es richtig Spaß, vor allem auch, in fast gleichem Tempo nebeneinander zu schwimmen (Dass Miyuki es 4x in 13+ Stunden geschafft hatte und einmal in 17:03, machte mir noch mehr Mut!). Es wurden 45 Minuten, und wir wären sicher noch länger geblieben, wenn der Wind nicht noch stärker geworden wäre und ich ein mulmiges Gefühl im Bauch bekam. Lieber raus, auf eine Stunde mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht an. Am Schwimmers Beach spritzte die Gischt so hoch, dass ich es vorzug, an einem flacheren Strandabschnitt an Land zu gehen. Dennoch wurde Miyuki von einer großen Welle schön in die Kiesel gedrückt - zum Glück ohne Blessuren.

Abends noch per Bus zum Varne Ridge Caravan Park bei Folkestone, wo wir ab dem 7. August mit den Helfern untergebracht sind, und von dort über die Klippen zurückgejoggt - eine irrsinnig schöne Aussicht über den Kanal und die Weißen Klippen!

Am Dienstag 8:30 Fähre nach Calais - jetzt anfangs wieder im Sonnenschein - und mit dem Zug zurück nach Heidelberg. Ich freue mich schon riesig, wieder nach Dover zurückzukehren - der Countdown läuft immer schneller!



Eine Möve wartet auf Fütterung - sie erinnert mich an den "Ecstasy-bird" aus dem Ärmelkanal-Lied....

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