Sonntag, 18. Mai 2008
Bike Brüssel-Mainz (15.-17.5.) nach World Harmony Run am Europäischen Parlament (14./15. Mai)
World Harmony Run-Enthusiasmus und Freundschaften schließen an der Grundschule Claire Joie in Brüssel
Der Empfang des World Harmony Run am Europaparlament in Brüssel inklusive Besuch einer Brüsseler Grundschule mit der Fackel war eine gute Gelegenheit, die Radstrecke von Brüssel nach Bingen/Mainz zu testen bzw. genauer festzulegen.
Nach einigen eindrücklichen und inspirierenden Stunden am Parlament und bei den Kindern der Claire Joie Grundschule, die eigens eine Aufführung für uns einstudiert hatten, schwang ich mich am Donnerstag Mittag auf mein schon etwas älteres Bike, Regensachen und nur das Allernötigste an Kleidung zum Wechseln im Rucksack, verabschiedete mich von meinen Freunden, die mit dem Auto direkt zurückfuhren, und machte mich auf die drei Etappen-Tour: bis zum Abend nach Aachen (ca. 137 km), Übernachtung in der Jugendherberge, am nächsten Tag weiter über Düren, Nörvenich, Bonn (nicht ohne einige Adrenalinstöße dank Stadttunnel Bonn und radtechnisch unbrauchbarer B9) schließlich den Rhein-Radweg entlang nach Koblenz (ca. 135 km), Übernachtung in der einmalig gelegenen Jugendherberge auf der Festung Ehrenbreitstein, und am Samstag gemütlich den landschaftlich wunderschönen Rest nach Mainz (ca. 117 km), von dort mit dem Zug nach Heidelberg.
Es war ein einmaliges Erlebnis. Belgien ist ein Paradies für Radfahrer - überall der Straße entlang, ob im Ort oder außerhalb, fand ich Radwege in bestem Zustand. Deutschland war überraschend gut ausgestattet, aber an vielen Stellen war doch zu spüren, dass Radfahrer hier Menschen zweiter Klasse sind - hohe Bordsteine, Ende in einer Baustelle ohne Vorwarnung, Kiesbelag etc.
Von der Landschaft her ebenfalls einmalig. Belgien ist wie ein großer Park, der sich, zumindest von Brüssel nach Aachen, radfahrerfreundlich in sanften Hügeln erstreckt. In den Verkehrsinseln bei Tervuren wachsen bis zu 5 Meter hohe Rhododendron-Sträucher, in den Parks, Gärten und Alleen strahlen riesige alte Bäume - Kastanien, Buchen, Eichen, Weiden oder Exotisches - eine erhabene Ruhe aus, dazwischen gepflegter Rasen, Teiche und Rhododenren über Rhododenren, wie kleine Wälder. Dann die kleinen, gepflegten belgischen Häuser, die wie eine Mischung aus englischer, holländischer und norddeutscher Architektur anmuten, mt dunkler Klinkerbauweise, weißen Verzierungen, und den zahllosen schmalen Schornsteinen englischer Arbeitersiedlungen. Zwar bin ich schon mehrfach mit dem Auto durch Belgien gefahren, aber mir war nie bewusst geworden, wie schön und gepflegt das Land ist! Mit dem Rad kommt man viel unmittelbarer mit Land und Leuten in Berührung.
Ein Blick in die belgische Geschichte machte mir zuhause jedoch wieder bewusst, wie kurz erst dieser friedliche Zustand in einem Land besteht, das selbst stark durch kulturelle Spannungen geprägt ist.
Das Wetter hatte es wieder gut gemeint. Der für Donnerstag und die nächsten Tage angekündigte Regen verschonte die Zeremonie am EU-Parlament, und auch als ich gegen 13 Uhr losfuhr, hörte es nach einigen wenigen Tropfen sofort wieder zu regnen auf. Die Wege waren meist feucht, doch bis auf das für 17 Uhr angekündigte Gewitter mit Platzregen, das bei Borgloon pünktlich eintraf, mir aber noch Zeit ließ, in einem kleinen Bistro Zuflucht zu suchen, wo ich einen der besten Vegi-Burger jemals und ein riesiges Vanille-Eis mit Sahne genoss, hielt sich der Regen fern. Die dunklen Wolken entluden sich entweder hinter mir oder vor mir. So gelangte ich trocken ins nasse Aachen, und als ich mich nach dem Einchecken noch mit einem Cappucchino in den überdachten Hof setzte, trommelte wieder der Regen.
Der nächste Tag ließ mich ebenfalls trocken, und es wurde sogar sehr sonnig. In Koblenz das gleiche Spiel wie in Aachen, nur setzte der Regen erst spät nachts ein, nachdem man den spektakulären Ausblick von der Festung auf die wie Diamanten funkelnde Stadt und die dunkle Rheinschleife am Spätabend noch in Ruhe genießen konnte.
Festung Ehrenbreitstein mit der Jugendherberge
Am nächsten Morgen Start in Koblenz bei stark bewölktem Himmel - und auf einmal brach wieder die Sonne durch einen engen Wolkenspalt - wie eine Ermutigung, sich nicht von widrig erscheinenden Umständen beeindrucken zu lassen. Wieder war die ganze Strecke trocken, obwohl Regen gemeldet war. Ich konnte die letzten Rhein-Kilometer in aller Ruhe genießen. Gegen 20 Uhr am Samstag war ich wieder in Heidelberg. Kurz nachdem ich das Fahrrad in die Garage gestellt hatte, begann es zu regnen. Nehmen wir es als günstiges Omen für August!
Nicht nur das Wetter, auch meine Beine waren brav - trotz reduziertestem Radtraining in den letzten 6 Monaten ging es erstaunlich gut. Natürlich spüre ich heute meine Oberschenkel, und es ist mir auch klarer bewusst geworden, auf was für eine Herausforderung ich mich da tatsächlich eingelassen habe (200 km von Calais nach Brüssel kommen noch dazu, und dann ohne Übernachtung auf der Radstrecke, nur mit kurzen Pausen wenn die Müdigkeit überhand nehmen sollte, und das Schwimmen davor...) - aber die Zuversicht ist auch gewachsen, dass der Kanal-Triathlon realistisch machbar ist und wie eine eigene innere Dynamik entwickelt, sich zu manifestieren. 560 km war ich ja bei zwei Dreifach-Ironman schon am Stück gefahren (2000 und 2003). Das Schwimmen vorher wird jetzt natürlich anstrengender, dafür aber ist die Laufstrecke danach kürzer (80 km)...
Am Samstag steht noch der Mannheim-Marathon an, dann gehört die Konzentration zunehmend dem Schwimmen. Der erste Dover-Dip ist sinnvollerweise auf Juni verschoben.
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