Sonntag, 14. September 2008

Mein zweiter Ärmelkanal-Versuch, 11. Sept. 2008 - Photos und lange Geschichte

im Moment noch auf dem englischen Blog




Noch einige Kilometer von der französischen Küste entfernt - in einer grauen Weite, kurz vor der Unterkühlung, gefangen in der Strömung (groß klicken, dann kann man das schwankende Boot und den kleinen Schwimmer daneben besser erkennen)

Samstag, 13. September 2008

Unterkühlung nach 13 h 40 min.

Nur ganz kurz - mehr später:

Ist er zu stark, bist du zu schwach! Nach 13 Stunden 40 Minuten musste ich aus dem Wasser geholt werden, weil Unterkühlung (blaue Lippen, unklare Aussprache, Verlangsamung des Schwimmens) drohte, die lebensgefährlich sein kann. Der Schwimm durch die Nacht selbst war kein Problem: die Wellen halfen die meiste Zeit, es war sehr friedlich, das Begleitboot gab Sicherheit, aber die kalte Luft (15°C, Wasse17°C) verstärkte den Kälteeffekt des Wassers - und ich war 7 kg leichter als 1985 und ein paar Jährchen älter. Beim Hafentraining bei Tage war die Kälte kein Problem gewesen, auch nicht bei 7-Stunden-Schwimms.

Anyway - ganz, ganz herzlichen Dank an alle, die mich unterstützt, für uns gebetet und an uns gedacht haben!

Das Projekt geht weiter, es war eine Erfahrung auf dem Weg zum Ziel! Der Kanal wird immer da sein, heißt es in Dover.

Meine Helfer, die uns mit dem Van in Calais abholten, halfen mir, das Ganze gut zu verarbeiten und happy gemeinsam nach Hause zu fahren. Wir planen schon für nächstes Jahr!

Donnerstag, 11. September 2008

Now

Ueberraschung als ich aus dem Wasser kam vom Trainingsschwimm: heute abend um 8 Uhr geht es los, einen Tag frueher als erwartet. Das ist Channel-Swimming. Keine Zeit fuer mehr.

Der Wind ist (hoffentlich) mit uns - viele gute Wuensche auch.

See you in Heidelberg!

Evtl. Freitag UND Samstag!

Wenn Alison's Staffel heute abend schwimmt, koennen wir Freitag abend gegen 20 Uhr los, sonst Samstag morgen gegen 10 Uhr (Dover-Zeit). Vorteil, wenn man in die Nacht hinein schwimmt: nachts ist das Wasser meist ruhiger (der Wind dreht sowieso ab dieser Nacht und kommt von Nordwesten !!!!) und man hat Tageslicht, wenn es nach 10 Stunden oder so schwieriger wird - Licht und Waerme helfen dann. Man landet bei Tageslicht und muss sich nicht im Dunkeln ueber muschelbewachsene Felsen hieven und sich blutig kratzen.

Letzer kurzer Trainingsschwimm noch, in strahlender Sonne aber bei steifem Suedwestwind (heute ist kein Schwimmer-Boot draussen) - dann Ruhe, Essen, alles bereit machen. Eine zweite Helferin kommt morgen noch - alles laeuft super! Toi, toi, toi!

Dienstag, 9. September 2008

Freitag oder Samstag?

Das Wetter hat sich gebessert. Montag sind 8 Boote mit Schwimmern raus, 5 haben es geschafft, drei mussten aufgeben - Unterkuehlung nach 13 Stunden im 17 Grad "warmen" Wasser, Seekrankheit etc. Heute blieben alle Boote im Hafen.

Habe gerade mit Alison gesprochen, meinem Pilot, sie gab mir verschiedene Optionen: morgen sei schwimmbar (Mittwoch), Donnerstag sei auch o.k. bis auf kurze Zeit wo eine Kaltfront durchzieht, aber Freitag und Samstag schauen noch besser aus. Freitag ist schon besetzt durch eine Staffel, Samstag waere schon ein spaeter Start gegen 10:30 Uhr und daher weniger Tageslicht. Dafuer der Wind von Norden, in der richtigen Richtung, waehrend fuer die naechsten 2 Tage noch Suedwestwind mit Staerke 3-4 (oder auch mehr, wer weiss!) angesagt ist.

Da meine Helferin erst heute abend kommt, ist Mittwoch ausgeschlossen. Dann sehen wir weiter.

Letzte news:
Do ist gestrichen, Samstag o.k., falls die Staffel Freitag schwimmt, wo es regnen soll. Wenn sie auf Sa verschieben, schwimme ich Freitag - mit Rueckenwind!
(mehr auf der englischen Seite)

Mittwoch, 3. September 2008

Zurück nach Dover für die Tide vom 7.-12. Sept.

Mehr auf: www.channel-triathlon.blogspot.com

Nach ein paar intensiven letzten Trainingseinheiten - einem 200 km Bike-Ride am 24.8. Richtung Nürnberg zur Geburtstagsfeier meiner Mutter und einem letzten Wochenende mit zwei 7-Std.-Schwimms im See am 30./31.8. (Fotos) - mache ich mich jetzt bereit, am Sonntag wieder nach Dover zurück zu kehren, um hoffentlich gegen Ende dieser Tide, um den 10./11./12. eine Schwimm-Chance zu bekommen. Alle anderen Triathlon-Vorbereitungen werden auf den letzten Stand gebracht (Automiete, Food, Helfer etc.)

Alison. mein "pilot", hat noch eine Staffel und 2 Schwimmer vor mir, aber sie würde mir helfen, einen Ausweich-Piloten zu finden, wenn es eng wird.

Im Moment schaut es nicht besonders gut aus, bis Montag wird wohl keiner schwimmen können, ein Tief hängt fest über England, und die Hochdruckgebiete, die immer wieder versuchen, von Südwesten nach oben zu gelangen, werden ständig abgedrängt. Aber wer weiß - oft ändert sich das Wetter innerhalb weniger Tage, und dann heißt es, bereit zu sein, sonst ist die Chance verpasst.



Wetterkarte für Samstag, den 6.9., offiziell erster Tag der nächsten Tide: ein Hochdruckgebiet ist wieder mal in den Startlöchern, aber ob es sich gegen die Tiefs von drei Seiten durchsetzen kann, und wenn ja, für wie lange, das ist die Frage!

Was, wenn es jetzt nicht klappt? 21.-27. Sept. wäre noch eine Tide, aber daran möchte ich jetzt nicht denken. Die Nächte werden länger - ungünstig fürs Biken, das ca. 40-45 Stunden dauern wird, mit Pausen etc., die Frage der Helfer würde sich neu stellen, das Kältetraining geht noch mehr verloren, die Geschichte würde noch teurer werden und irgendwann sollte ich mich auch wieder mehr aufs Arbeiten konzentrieren!

Bitte Daumen drücken! Nächster Eintrag wahrscheinlich von Dover, wenn man mehr über die folgenden Tage sagen kann.

Freitag, 29. August 2008

TV-Beitrag Ärmelkanalschwimm Christian Hübner aus Bamberg



Am 27. August kam im Bayrischen Fernsehen ein Beitrag über den ersten deutschen Ärmelkanalschwimm in diesem Jahr von Christian Hübner, gefilmt von seinen Team-Kollegen von der IfA Nonstop Bamberg. Dass er trotz schwieriger Bedingungen so erfolgreich war, hat er natürlich neben seiner tollen Crew inklusive Pilot Neil Streeter (Bruder der "Queen of the Channel" Alison), seinem Super-Training zu verdanken, zu dem auch der Zürichsee-Marathonschwimm 2007 und das 12 Stunden-Schwimmen des Sri Chinmoy Marathon Teams im Hallenbad Zürich im Februar 2008 gehörten, ebenso wie ausgiebiges Kaltwassertraining in der Regnitz in Bamberg.

Hoffen wir, dass es in diesem Jahr noch einen zweiten erfolgreichen deutschen Schwimm gibt!

Samstag, 23. August 2008

Verschoben auf September

Aktuelle Berichte seit Juli bitte auf der englischen Seite nachlesen!



Nicht der ideale Schwimmtag! Shakespeare Beach bei Windstärke 8-9 (15.8.2008)

3 Wochen Dover - 2 Wochen Training im Hafen und 1 Woche Warten auf gutes Schwimmwetter - aber es gab keine Chance für mich während meiner gebuchten Tide vom 7.-16. August, da ich der zweite Schwimmer bei meinem "pilot" war. An dem Tag, an dem die Schwimmerin vor mir los durfte, gingen 13 Boote raus. Der Tag erschien fast ideal, gegen Nachmittag sollte allerdings Wind von Süden aufkommen. Der Wind kam früher und stärker als erwartet, und nur 3 der Schwimmer oder Staffeln schafften es bis nach Frankreich. Die meisten anderen wurden z.T. nach 12 Stunden aus dem Wasser geholt, weil es zu gefährlich wurde (manche gaben vorher schon auf). Jetzt war ich für das Warten, als langsamer Schwimmer hätte ich sonst meinen Schwimm wahrscheinlich auch in den Sand gesetzt. So habe ich noch eine Chance!

Da meine Helfer erst wieder im September Zeit haben, ist das Ganze erst einmal verschoben und wir sind wieder heim gereist. Je nachdem wie sich das Wetter entwickelt und wieviele Schwimmer dann noch vor mir sind, werde ich Anfang oder Mitte September kurzfristig nach Dover gehen. Die drei Wochen Training in Kälte und Wellen waren auf jeden Fall ein wichtiger Teil der Vorbereitung. Nach einem kleinen Psycho-Tief geht das Training jetzt auch in Heidelberg wieder weiter. Allerdings ist es im Hafen leichter, mehr als 1 Stunde am Stück zu schwimmen. 2 Stunden im Schwimmbad sind viel - im Hafen fängt "viel" bei 4 Stunden an!

Für Fotos und weitere News bitte zum englischen Blog (sorry, die updates sind zu zeitaufwendig!)



Bea und Sumeru wollten als Helfer mit aufs Boot - leider sind sie im September nicht mehr verfügbar. Wenn jemand Lust hat, sich ca. 15-17 Stunden auf einem schwankenden Boot bei Kälte und Wind und evtl. Regen zu quälen, bitte melden! (Kann allerdings auch ein schöner Aktiv-Urlaub sein, bei gutem Wetter...)

Dienstag, 22. Juli 2008

Neuere Beiträge fürs erste auf der englischen Seite!
www.channel-triathlon.blogspot.com

Eat to Win



Gutes Essen - ein wichtiger Aspekt des Ärmelkanal-Trainings!

Am liebsten gehe ich in Heidelberg zum Essen ins Restaurant Waves in der Kurfürstenanlage (gegenüber Bauhaus) - nicht nur, weil ich im Moment von ihnen gesponsert werde und gratis essen darf, sondern weil ich das Essen dort wirklich liebe: von mexikanischem Omelette mit Salsa und Bohnen über Burritos bis zu Tofu-Salat, kalifornischem "Meat Loaf" (Tofuauflauf) und Chinesischem Wok - es ist schwer sich zu entscheiden. Und dann noch Dessert - ganz wichtig fürs Training! Danke, liebes Waves-Team!

Das Waves ist übrigens auch Info- und Kontakt-Stelle, wenn es losgeht!



Von links: Kai, ein sehr guter Läufer, Marc, der wann immer er es einrichten kann am World Harmony Run teilnimmt, and Saumya, der ein absolut selbstloser Helfer bei meiner ersten Ärmelkanalüberquerung 1985 war und einer der beiden Chefs im Waves ist. Kallol, der zweite Chef, liebt Mountain-Biken und Bergsteigen und hat u.a. den Marathon des Sables absolviert (wollte leider nicht mit aufs Bild).

"Eat - train - sleep" - Essen, trainieren, schlafen - die Hauptdisziplinen eines Triathleten. Das weiß ich, seit ich ein paar Triathlon-Socken mit dieser Aufschrift geschenkt bekam. Und für den Ärmelkanal, wo man eher ein paar Pfund mehr braucht, ist das Essen besonders wichtig. Allerdings: zuviel "Junk Food", sprich leere Kalorien, ist auch nicht gut für die Fitness und das Wohlbefinden. Aber ein großes Eis mit Sahne oder ein Joghurt-Sahne-Dessert darf es schon mal sein.

Was also isst ein Vegetarier, der einen Ultra-Triathlon plant? Ich tendiere zur Einfachheit: Viel Haferflocken, auch mal ungewöhnlich: mit heißer Gemüsebrühe und einem Ei daruntergemischt - echtes Power-Frühstück! Oder auch mit Soyadrink und etwas Ahornsirup. Für Eiweiß viel Bohnen (Chili-Bohnen), rote Linsen, Soya/Tofu, Buttermilch (Milch und Joghurt eher wenig, verschleimt) und Eier. Oft Gemüsesuppe mit Linsen oder Vollkornnudeln - einfach TK-Gemüse (z.B. Asia bei Edeka), Tomatenmark oder -püree, Gemüsebrühe, etwas Ingwer mit Nudeln oder roten Linsen zusammen aufkochen und ziehen lassen. Weißmehl, weißer Zucker etc. wird eher gemieden, lieber Vollkornbrot, auch mal mit Käse, viel Salat, Gemüse der Saison, und sehr viel Äpfel, Bananen, Rosinen, Datteln und Walnüsse - alles was möglichst natürlich ist mit hoher Vitalstoffdichte. Kalorien dürfen schon sein.

Beim Training gebe ich Maltodextrin mit in die Haferflocken oder den Drink. Trinken ist ganz wichtig! Viel Wasser! Fertige Sportgetränke eher selten. Sehr gerne am Morgen oder nach dem Sport trinke ich frischen Zitronensaft mit Neera-Sirup und einer Prise Cayenne. Der Neera-Drink wirkt basisch im Körper, der Neera-Sirup liefert gute Kohlenhydrate und Mineralstoffe, und Zitrone ist für Sportler sowieso gut (Vit. C ist entzündungshemmend und fängt freie Radikale). Nach dem Kanal werde ich wohl auch wieder ein paar Tage die Neera-Kur machen, um schneller die überflüssigen Pfunde wieder loszuwerden.

An Nahrungsergänzung nehme ich Magnesium um Krämpfen vorzubeugen, ein Multi-Mineralstoff- und Vitaminpräparat von Tisso und Blütenpollenkapseln mit Gelée Royale - Bienenprodukte haben im Ausdauersport eine lange Tradition. Auch Gerstengrassaft steht im Regal - ich sollte ihn öfters nehmen.

Dienstag, 15. Juli 2008

12./13.Juli; 13 h Silbersee (7+6)

Der erste "split Channel swim" - 7 Stunden in Wind und Wellen, 6 h im ruhigen See (+ 3 h bike)



Endlich - der erste "split Channel swim", wie man in Dover sagt. Bei mir evtl. nicht ganz zutreffend, ich werde wohl etwas länger als 13 h im Kanal herumschwimmen - aber wenn man schon soviel dafür bezahlt, muss es ja nicht so schnell vorbei sein! Wichtig nur, rechtzeitig fit genug zu werden, um es gut durchzustehen. Und dafür sind die long swims sehr wichtig. Meine körperlichen Grenzen sind, wie bei vielen, Schultern und Ellebogen - wenn ich zuviel machen will, Krafttraining, Intervall etc. , handle ich mir Entzündungen und Schmerzen ein. Man muss einen Mittelweg finden. Zudem habe ich drei Disziplinen (Laufen sehr vernachlässigt) und arbeite auch noch ein bisschen....

Samstag 12.7.

Nach nur 2 x 45 Min. Schwimmen am Montag in Dover, und am Mittwoch im Pool (Dienstag Reise, Do eingeschlafen, Freitag Kiesertraining, evtl. sogar zuviel) und großer Müdigkeit die ganze Woche über, hatte ich mir wieder ein Intensiv-Wochenende am Silbersee vorgenommen: 7 und 6 Stunden.

Auf der Fahrt dorthin fühlte ich mich so schlapp - konnte mir nicht vorstellen, wie es funktionieren soll. Mir kam Sri Aurobindos Spruch in den Sinn: "All can be done when the God-touch is there," und ich wiederholte ihn für mich einige Zeit. Bei Ultras erfährt man immer wieder, dass es eine innere oder höhere Kraft gibt, aus der man schöpfen kann, wenn man schon längst glaubt, physisch an der Grenze zu sein. Das ist das Faszinierende daran.

Am See war es windig wie noch nie - sogar in der ersten geschützteren Seehälfte musste man gegen die Wellen anschwimmen. Super-Training für Kanal-Bedingungen. Die ersten 2 Std. waren mental wieder die schwierigsten, bis der "Flow" langsam kommt und die Freude an der Bewegung. Keine Sonne am Anfang, zum Glück aber auch nicht der vor 2 Tagen noch angekündigte Regen, und am liebsten wäre ich zurück ins Bett, Noch soviele Stunden Arbeit vor mir! Wasser ca. 20-21°C (trotzdem hie und da Frösteln!)

Nach 4 h schon Kältegefühl - wie hatte das in Dover am Sonntag funktioniert! Mehr Endorphine? Kurze Pause, trockener Badeanzug und kurzes Aufwärmen in der Sonne, die jetzt öfter rauskam.

Ich dachte viel an Dover und die Schwimmer dort, die auch 7/6 h-Schwimms vorhatten, bei 16°C! Gegen Ende der 7 h kam die Sonne voll durch, die Luftblasen beim Eintauchen der Arme wirkten wie glitzernder Sternenstaub. Ich liebe es, die Schönheit der Elemente mit zunehmender Schwimmdauer intensiver zu erleben. Und war sehr dankbar, die 7 h durchgehalten zu haben.

Meine rechte Schulter allerdings hatte begonnen, so weh zu tun, dass Rückenschwimmen, das ich zum Ausschwimmen für einige Meter meist mache, nicht mehr möglich war. Oh-oh! Wie soll das morgen werden!

Abends Pferdesalbe drauf (auch für Menschen gut) mit Arnika, Kampfer etc., homöopathisches Arnika, Vitamin C, Licht-Visualisation etc. Schaun mer mal!

Sonntag, 13.7.

Todmüde aufgewacht, draußen regnet es! Ich finde die Regenhose nicht und habe eine gute Ausrede, den späteren Zug zu nehmen. Wegen Gleisbauarbeiten am Wochenende 1 h Bike von Mannheim nach Roxheim, jetzt kommt die Sonne schon raus und der Energielevel steigt.

Am See leicht gekräuselte Oberfläche, Sonne, aber ich habe keine Lust ins Wasser zu gehen. 6 h - muss das sein? Sitze lange am Ufer, aber es hilft nichts. An die Arbeit - schließlich wollen wir am Abend zufrieden sein und außerdem in Frankreich ankommen, versuche ich mich selbst zu motivieren. Außerdem ist dieses Wetter wie ein Geschenk. Ich beruhige meinen Verstand indem ich ihm sage, auf jeden Fall drei Stunden, dann können immer noch biken gehen.

Erstaunlich: sobald ich im Wasser war, fühlte es sich gut an und ich war sicher, ich würde 6 h schaffen, in den üblichen 2-Stunden-Sets. Die Schulter war o.k.. Während der ersten 30 Min. waren die Arme natürlich steif von gestern und ich fühlte mich noch schlapp, aber dann kam die Energie wieder. Das Wasser war zum Glück sehr ruhig - nochmal 6 h Wellen wäre im Moment evtl. zuviel gewesen.



Schwimmen mit den Schwänen (Foto zwar vom Bodensee, aber am Sonntag hatte ich mehrfach Schwanbegleitung auf dem Silbersee)

Ich zählte 8., 9., 10. Stunde statt 1-2-3 etc., dachte an Dover und die Schwimmer, die heute gestartet waren und im Kanal unterwegs waren. Trotzdem schleppten sich die ersten 4 Stunden, mir wurde wieder kalt. Ich gönnte mir eine 15 minütige Cappuchino-Pause in der Sonne (mit Brezel und Eiwaffeln), genoss den Blick über den See, und als ich wieder losschwamm, war auf einmal die Freude wieder da! Die letzten 2 Stunden waren wieder die "einfachsten", der Druck war weg, man freut sich, es fast geschafft zu haben und legt nochmal zu, genießt Sonne, Himmel, Wasser. Witzigerweise meldete sich immer wieder mal die linke Schulter (statt der rechten), zeitweise lahmte meine linke Hand etwas - irgendein Nerv oder Energie-Ungleichgewicht, aber solche Dinge kommen und gehen. Ich versuche dann, bewusste gute Energie in die betreffenden Körperstellen zu senden, schaden tut es jedenfalls nicht.

13 Stunden geschafft - ich war so dankbar! Nächste Woche sind noch ein langer Schwimm und ein long bike geplant, übernächste Woche in Dover dann der nächste 7/6-Stunden-Schwimm unter verschärften Bedingungen. (Ab 24. 7. bin ich drüben zum Akklimatisieren.)

Laufen und Biken stand in der letzten Zeit ein bisschen im Hintergrund, weil der Kanal absolute Priorität hat - wenn ich es erstmal nach Calais schaffe, sollte der Rest nur eine Frage der Zeit sein, und da gibt es keinen Cut-off! Für mich ist die Endzeit nicht wichtig - es ist mehr eine innere Reise, vielleicht eine Art Jakobsweg meinte meine Schwester. Eine Dame aus Deal, Frau eines Schwimmtrainers, mit der ich in Dover am Wochenende ins Gespräch kam, meinte zur Motivation der meisten Ärmelkanalschwimmer: "It's a quest" - eine innere Suche. Ein schöner Ausdruck, erinnert an die indianische "vision quest - Visionssuche". Und viele sagen, der Ärmelkanal ist eine Erfahrung, die ihr Leben verändert hat.

Montag/Dienstag:
2 + 3 h bike Schönau/Weinheim, 1 h Schwimmen im Waidsee am Di.

Freitag, 11. Juli 2008

8 Std. Kaltwassertraing in Dover, 5.-7. Juli



Auf dem Weg nach Dover (4. Juli 08)

Gut vier Wochen vor meiner Schwimm-Tide (7.-16. August) habe ich es endlich über ein Wochenende nach Dover geschafft. Es war mir wichtig, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, was mich erwartet und wo ich mit meinem Training stehe.

Mit dem Zug von Heidelberg nach Calais, mit der Fähre nach Dover - eine Tagesreise, aber ich wollte die Fähre nehmen um die Strecke wieder zu sehen. Der Kanal war ruhig, glitzerte in der Sonne, die weißen Kreidefelsen von Dover waren schon von Frankreich aus zu sehen.

Abends, nach dem Einchecken im Westbank Guest House, kurzer Spaziergang zum Hafen und nur mit den Beinen ins Wasser - Temperatur erschien "erträglich". Hier vom Hafen konnte man wiederum die französische Küste sehen! Sehr ungewöhnlich, meist ist sie im Dunst verschwunden.

Samstag, 1. Training (5. Juli)

Samstag schien wieder die Sonne, auch wenn der Wind zugenommen hatte. Um 9 Uhr waren schon über 30 Schwimmer aus aller Welt am "Swimmers Beach" versammelt, wo die numerierten Badekappen verteilt wurden: rot für lange Schwimms (3-6 Stunden), gelb für die kürzeren (1-2 Stunden) der Staffeln oder Neuankömmlinge wie mich.



Der lange Marsch in schwimmbares Wasser....

Mein Ziel: so lange im knapp 16 Grad kalten Wasser aushalten wie möglich. Nach einigen Hallos und Begrüßungen ab ins Wasser. Zuerst biss die Kälte scharf ins Gesicht, aber schon nach kurzer Zeit legte sich das Gefühl. Eine Runde - links zum Ost-Dock, zurück zum Prince of Wales Pier (PofW) und wieder zurück zum Swimmers Beach - ist bei mir gut 1 Stunde.


Mit Alison Streeter, "Queen of the Channel" mit 43 erfolgreichen Durchquerungen. Sie hat dieses Jahr ihr eigenes Boot und ist mein Pilot. Sie kennt viele Schwimmer unseres Sri Chinmoy Marathon Teams persönlich, war schon beim Zürichseeschwimmen dabei und wurde von Sri Chinmoy in Australien für ihre Inspiration mit dem "Lifting up the World with a Oneness-Heart"-Award geehrt.

Es war ein super Gefühl, im salzigen Meerwasser mit wesentlich stärkerem Auftrieb in kräftigen Wellen zu schwimmen. Auch die Kälte tat eigentlich gut. Am Ende der ersten Runde jedoch begannen meine Finger taub zu werden und fast zu flattern im Wasser - ein komisches Gefühl. Also stieg ich aus dem Wasser, wechselte in einen trockenen Badeanzug, zog mich dick an und wärmte mich in der Sonne und mit Joggen auf.



Margit und Vasanti - nach dem ersten "Dip"

Bei der nächsten Runde dasselbe - als die Finger taub wurden, ging ich wieder zum Aufwärmen raus. Ich hielt es für besser, langsam zu akklimatisieren - meist war ich zuhause in 20-25 Grad warmem Wasser geschwommen!

Als die 6-Stunden-Schwimmer zur letzten Runde ansetzten, schwamm ich meine dritte Runde - und war einigermaßen happy in der Hoffnung, am nächsten Tag mehr zu schaffen.

Margit, eine hervorragende Freiwasserschwimmerin aus Deutschland, die letztes Jahr als schnellste deutsche Frau geschwommen war, sah nach 2 Stunden ebenso durchgefroren aus wie Miyuki, eine Japanerin, die in wenigen Tagen schwimmen will und den Kanal schon 5 mal geschafft hat! Na, dann kann es ja nicht so schlimm sein, sich an die Kälte zu gewöhnen.

Abends noch einen langen Spaziergang zum Shakespeare Beach und Cliff, von wo die meisten Kanalschwimms starten, kurze Meditation dort mit der Vorstellung, die deutlich sichtbare Küste zu erreichen. Abschreckend eher die endlose Reihe von Containerschiffen, Supertankern etc., die sich in der Ferne von links nach rechts und von rechts nach links durch die beiden Schifffahrtsstraßen bewegen. Wie schaffen unsere Boote das, die Schwimmer da durchzulotsen!?! Und dann kommt vor der Küste natürlich noch die Strömung ab der 9. oder 10. Stunde!



Shakespeare Beach - am Horizont sieht man Frankreich! (großklicken)

Sonntag, 6. Juli

Um 9 Uhr wieder am Strand. Diesmal unter verschärften Bedingungen. Es windet noch stärker, und es regnet!



Der Kanal zeigt sein anderes Gesicht!



Freda und eine weitere unerschrockene und selbstlose Helfer-Seele

Freda, die Mutter von Alison Streeter, der "Queen of the Channel" mit 43 Durchquerungen, betreut die Schwimmer am Wochenende bei ihrem Training ehrenamtlich. Heute bitte ich sie um die rote Kappe, da ich mehr als zwei Stunden am Stück schwimmen will. Ich halte mich sogar an die Gepflogenheiten und komme erst nach der 2. Runde zum "Füttern" an Land - evtl. ein Fehler. Es gibt einen Becher warmes Maxim - das Standardgetränk vieler Kanalschwimmer mit Maltodextrin, Glucose und Vitaminen - dann ab zur nächsten Runde. Heute ist es so "choppy" - wellig - dass wir nicht ganz bis zum östlichen Dock schwimmen dürfen. Beim dritten Feed gibt es zum Maxim noch einen Schokoriegel. Aber die Pause ist minimal.

Im Kopf male ich mir schon aus, wie ich sicher 5 Stunden schaffe, dann kleine Aufwärm-Pause mache und noch eine 6. Runde draufsetze. 6 Stunden wäre der Qualifying Swim für den Kanal, allerdings am Stück natürlich. Ich kann ihn auch noch beim nächsten Mal machen, daher kein Druck.

Die Finger, die am Anfang wieder taub wurden, haben sich im Wasser wieder aufgewärmt - d.h. die Durchblutung funktioniert, der Körper gewöhnt sich an die Bedingungen. Am Ende der 4. Runde jedoch - die Luft ist fast kälter als das Wasser, keine Sonne wärmt diesmal - kriecht die Kälte in meinen Körper, sicher auch weil ich zu wenig Kohlenhydrate zu mir genommen habe. Zwei Becher pro Feed hätten es schon sein müssen. Als ich zur nächsten Fütterung an den Strand schwimme, fragt mich der Helfer: "Fertig?" (eine ganze Reihe von Schwimmern hat nur 4 Stunden vor) - und ich nehme das als Stichwort und steige aus dem Wasser. Hätte er gesagt: "Super, du schaffst auch noch eine Runde!", wäre ich wahrscheinlich nochmal losgeschwommen!

Jetzt begann es auch noch zu regnen und der Wind wurde noch stärker, sodass nach dem Umziehen nicht wirklich mehr an ein erneutes ins Wasser gehen zu denken war. 6 Stunden wären befriedigender gewesen, aber auch 4 Stunden am Stück beim ersten Mal ist nicht schlecht. (1985, als ich beim ersten Schwimm im Hafen problemlos 7 Stunden schaffte, hatte ich 10 kg mehr drauf und war besser ausgeruht - und ein paar Jährchen jünger!)



Eisessen ist auch eine Form von Kältetraining...

Abends noch eine Stunde joggen, essen und ins Bett, in der Hoffnung auf Sonne und noch einen langen Schwimm am nächsten Tag.

Montag, 7. July

Um 9 Uhr wollten wir uns mit Margit, Miyuki und ihrem Coach am Strand treffen. Aber es windete und regnete. Ich war zuerst da (Kamera zuhause gelassen) und beobachtete einen Australier, der in den hohen Wellen im aufgewühlten graubraunen Wasser mutterseelenallein eine kurze Runde drehte.

Als die anderen kamen, wollten sie nicht schwimmen - Margit, weil sie sich für die Freiwassermeisterschaften am Chiemsee in Kürze keine Erkältung holen wollte, und Miyuki, weil sie vor ihrem Schwimm nicht mehr viel trainieren muss/will. Wobei Kältetraining für sie noch wichtig ist, dachte ich bei mir. Da für Nachmittag Sonne gemeldet war, vereinbarten wir, um 3 Uhr schwimmen zu gehen. Alleine im Wasser hätte ich mich jetzt sicher nicht wohlgefühlt.

Als ich um 3 Uhr wieder zum Strand kam, war weder die Sonne da, noch meine Mitschwimmer. Als sie dann gegen 4 Uhr auftauchten und mit ihnen sich die Sonne einen Weg durch die Wolken bahnte, merkte ich, dass ich vergessen hatte, dass meine Uhr noch deutsche Zeit anzeigt.

Das Meer war immer noch wild, mit der Flut war die Brandung am Strand fast gefährlich geworden, aber ich konnte Miyuki zu einer halben Stunde überreden. Als wir erstmal im Wasser waren, machte es richtig Spaß, vor allem auch, in fast gleichem Tempo nebeneinander zu schwimmen (Dass Miyuki es 4x in 13+ Stunden geschafft hatte und einmal in 17:03, machte mir noch mehr Mut!). Es wurden 45 Minuten, und wir wären sicher noch länger geblieben, wenn der Wind nicht noch stärker geworden wäre und ich ein mulmiges Gefühl im Bauch bekam. Lieber raus, auf eine Stunde mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht an. Am Schwimmers Beach spritzte die Gischt so hoch, dass ich es vorzug, an einem flacheren Strandabschnitt an Land zu gehen. Dennoch wurde Miyuki von einer großen Welle schön in die Kiesel gedrückt - zum Glück ohne Blessuren.

Abends noch per Bus zum Varne Ridge Caravan Park bei Folkestone, wo wir ab dem 7. August mit den Helfern untergebracht sind, und von dort über die Klippen zurückgejoggt - eine irrsinnig schöne Aussicht über den Kanal und die Weißen Klippen!

Am Dienstag 8:30 Fähre nach Calais - jetzt anfangs wieder im Sonnenschein - und mit dem Zug zurück nach Heidelberg. Ich freue mich schon riesig, wieder nach Dover zurückzukehren - der Countdown läuft immer schneller!



Eine Möve wartet auf Fütterung - sie erinnert mich an den "Ecstasy-bird" aus dem Ärmelkanal-Lied....

Mittwoch, 2. Juli 2008

28./29. Juni - Wind und Wellen am Silbersee - 7 & 5 Std.

Und wieder eine Regatta...



Am liebsten wäre ich wieder zum Bodensee gefahren, der Wellen und des kühleren Wassers wegen, aber es war zu kompliziert und wäre insgesamt recht teuer geworden, vor allem für einen Long Swim - Bahn, Boot, Helfer aus Zürich - und die Wassertemperatur am Bodensee war in den letzten Tagen auch beträchtlich gestiegen.

Über Google nach kalten Seen gesucht - aber alle sind zu weit weg. Der Aufwand lohnt nicht, da am nächsten Wochenende 3 Tage Dover geplant sind - um langsam den Ernst der Sache zu begreifen und die ersten Trainingseinheiten im 15-16°C kalten Channel-Wasser zu absolvieren. Ich freue mich riesig darauf!

Für den Silbersee in Roxheim waren Wind und Wellen angekündigt, die Woche hatte es geregnet, kühle Nächte und tagsüber nicht allzu warm, wäre sicher kein schlechtes Training, dazu könnte ich früher starten und länger bleiben, sogar ohne Helfer. Also: warum in die Ferne schweifen?

Ursprünglich hatte ich einen langen Schwimm für Samstag und eine lange Radeinheit für Sonntag geplant. Doch im Moment spüre ich, dass der Kanal absolute Priorität braucht. Wenn ich erst mal in Calais bin, geht es schon irgendwie weiter. Also: Rad auf 2 Wochen später verschoben, dafür 7 und 5 Stunden geplant, wenn möglich auch mehr.

Samstag zum ersten Mal schon auf den 6:54-Zug, gegen 9 Uhr am See, mutterseelenallein. Himmel bedeckt, Wasser kühl. Überhaupt keine Lust, ins Wasser zu gehen. Erstmal Langhalsgänse und ihre 12 Jungen füttern gehen, am Ufer ein Stück Erkundungsspaziergang. Umziehen und Frühstück (Vollkornhafer-Babybrei). Kurz vor 10 Uhr ins Wasser. Bei den ersten beiden Runden kommen denke ich immer wieder "Muss das sein? Wie schön wäre es jetzt zuhause auf dem Sofa - einen Tag mal ausruhen und morgen dafür einen ultralangen Schwimm... Haha!" Ein anderer Teil in mir weiß, dass das Unsinn ist - zuhause wäre ich keinesfalls glücklich, hier ist der Ort, wo ich im Moment an der richtigen Stelle bin und meinen "Job" machen muss, bzw. darf - wenn mir der Kanal ernst ist. Außerdem - hier muss ich schon lächeln - wie würde das im Blog klingen!

Also weiter - auch wenn Motivation und Inspiration noch schlafen (positiv formuliert). Nach jeder Stunde (= Runde) gönne ich mir kurz eine Pause für einen Schluck süßen Tee oder einen Snack. Versuche mich die erste, schwierige Zeit auf irgendeine spirituelle Eigenschaft zu konzentrieren, bleibe bei "Licht" hängen, und wiederhole das Wort beim Schwimmen im lichtlosen Morgen.

Bei der dritten Runde frischt der Wind auf - jetzt fängt es an, Spaß zu machen, mit der größeren Anstrengung kommt der Flow.

Bei Runde 4 - ich genieße gerade das erste Sonnenglitzern auf den Wellen, die z.T. sogar Schaumkronen ("white horses") tragen - kommen die Windsurfer, und auf dem Rückweg fährt ein Motorboot an mich heran um mir mitzuteilen, dass ich mitten durch eine Regatta schwimme. Ob ich mich nicht etwas mehr am Ufer halten kann?

Zuerst fühle ich mein ganzes Programm durcheinander gebracht - gerade den zweiten Teil des Sees, wo der Wind freie Bahn hat, nicht schwimmen zu können, wie ärgerlich! Wo das Wellen-Training jetzt so wichtig wäre, und so Spaß macht! Dann versuche ich es einfach. Ab der Hälfte schwimme ich am Ufer entlang zu meinen "goldenen Strand", Surfer kommen mir kaum in die Quere, und in Ufernähe ist es genauso wellig. Beim Rückweg wieder Sonnentanz auf den Wellen - ich tauche völlig ein in eine Licht-Wasser-Welt.

Die neue Route macht sogar Spaß - mir wird wieder bewusst, wie gut es tun kann, aus einer Routine auszubrechen, Neues zu entdecken. Im Yoga geht es auch darum, nicht an Dingen/Personen/Situationen zu haften - aber Loslassen, ohne Angst oder Ärger, ist immer ein Stück Überwindung, die aber meist belohnt wird.

Die Taktik war: 5 Runden/Stunden, dann noch 2 drauf. Am Ende der 6. Runde wieder das gute Gefühl: Kanal-Mitte. Aber dann großer Kampf: Ein Teil in mir sagt: "Das reicht jetzt, den Rest machen wir morgen." Die Wellen sind spürbar in Arme und Schultern gegangen, ich fröstle immer wieder. Ein anderer Teil in mir spürt, das das Kneifen wäre. Ich wechsle in einen trockenen Badeanzug, mache Pause, wärme mich auf. Die Sonne strahlt warm, Kinder tollen und lachen im Wasser - jetzt nach Hause gehen? Nein. Kurze Überwindung, und los geht es. Das Wasser fühlt sich kühler an als am Morgen, obwohl es sicher wärmer ist. Dennoch: Die 7. Stunde ist wieder die schönste, die Regatta ist vorbei, ich habe freie Bahn, es fließt. Auf dem Rückweg bin ich jedoch froh, fertig zu sein. Eine 8. Runde ist heute definitiv nicht drin, zudem will ich rechtzeitig nach Hause für ein Abendtreffen und noch Kraft für Sonntag aufheben. Mit dem Rad geht es noch 1 Stunde über die Sommerfelder nach Mannheim.

Sonntag erst kurz vor 11 Uhr ins Wasser (nach 1 h Fahrrad von Mannheim, abends auch 1 h zurück). Die Arme sind so schwer, dass ich das Gefühl habe zu kriechen oder in Zeitlupe zu schwimmen. Nach kurzer Zeit jedoch beginnt es schon wieder zu fließen und ein Gefühl von Kraft und Energe stellt sich ein. Heute ist es windstill, keine Surfer mehr, auch die Sonne ist schon da.

Ich zähle nicht erste, zweite, dritte Runde, sondern achte, neunte, zehnte....

Bei der 3. Runde wieder schwere Arme - an mehr als 5 h ist sicher nicht zu denken. Nach einer längeren Pause mit Wechsel in einen trockenen Badeanzug und kurzem Aufwärmen (Wasser ist ca 20 °C) kommt bei der nächsten Runde wieder die Power. Ich muss an den Satz von Sri Chinmoy denken "We are truely unlimited ... - wir sind in Wahrheit unbegrenzt, wenn wir es wagen und daran glauben."

Zweimal komme ich bei meinen Pausen mit den DLRG-Helfern ins Gespräch, bei denen ich inzwischen bekannt bin. Angenehme Pausenverlängerung. Dafür macht das Schwimmen danach wieder mehr Spaß. Die letzten beiden Runden strahlt die Sonne so ins Wasser, dass es scheint, als kämen die Lichtsstrahlen aus der Tiefe - man fühlt sich wie in einem Meer von Licht, ein wunderbares Gefühl, das ich auch damals im Kanal lange Zeit hatte.

Eine 6. Runde ist jedoch nicht mehr drin. Wenn es sein müsste, ginge es natürlich, aber ich habe kein gutes Gefühl, meinen Körper zu pushen. Auch wenn 13 gut klingen würde - 12 Stunden für das Wochenende sind auch nicht schlecht.

Ich hatte beim Schwimmen viel zurückgedacht an 1985, als ich Ende Juni meinen letzten langen Trainingsschwimm vor Dover hier absolviert hatte: 12 h an einem Tag! Mit einer Freundin waren wir gegen 5 Uhr in Heidelberg mit dem Auto losgefahren. Der See lag in einer wunderbaren stillen Morgenstimmung mit spiegelglattem Wasser, und ich probierte das erste Mal den "Channel Grease" aus, eine Mischung aus Lanolin und Paraffin, die etwas vor Kälte schützt aber extrem klebrig ist. In meiner Unerfahrenheit trug ich den Grease auf den Badeanzug auf, der daraufhin im kalten Wasser, wo das Fett fest wurde und die Elastizität des Stoffs aufhob, wie ein Bremsballon an meinem Körper hing. Daraufhin musste meine Freundin zurückfahren und einen anderen Badeanzug holen, während ich schon mal allein die erste Runde ohne schwamm - allein in dieser wunderschönen Morgenstimmung. Später kamen dann noch weitere Mitglieder von unserem Team zum rudern und schwimmen, den meisten war es aber schnell zu kalt (damals war es sicher nicht mehr als 17/18 Grad). Es war wie ein Familienausflug.

Die 12 Stunden von diesem Wochenende widmete ich innerlich dieser Freundin, die nach einer Hirntumor-Erkrankung vor einigen Monaten dieser Welt Lebewohl gesagt hat. Ich hatte das Gefühl, sie sei wieder dabei gewesen. Und musste daran denken, wie wichtig es ist, sich nicht von seinen Träumen und Zielen abbringen zu lassen - niemand weiß, wieviel Zeit er hier auf der Erde zur Verfügung hat!

Jetzt freue ich mich riesig auf Dover. Freitag (4.7.) früh geht es los, mit Zug und Fähre, Dienstag zurück. Ziel: soviel Schwimmtraining im Hafen wie möglich, besser einschätzen können wo ich stehe, das Boot begutachten und ein paar Dinge mit dem Piloten klären, und letztlich noch etwas Intensität für die letzte Zeit der Vorbereitung gewinnen.

P.S.: Sonntag abend natürlich noch das Fußball-EM-Finale geschaut. Hatte auf Spanien getippt und war happy, dass das beste Team des Turniers auch gewann. Vize-Europameister ist ja auch eine Super-Leistung!

(Witzig: Als ich am Dienstagabend nach dem Schwimmtraining im Freibad durch Bammental fuhr, kam gerade Bundestrainer-Assistent Hansi Flick von seinem großen Empfang aus dem Rathaus, und ich konnte es mir nicht verkneifen, inmitten einer Horde von Kindern auch ein Autogramm zu holen - immerhin hat die TSG Hoffenheim während seiner Zeit als Trainer dort auch beim World Harmony Run mitgemacht!)

Montag, 30. Juni 2008

Erster Solo-Schwimm 2008 - "Non-Stop" Christian schafft es!

Die letzte Juniwoche war die erste Schwimmperiode ("Tide") in diesem Jahr, Wassertemperatur im Ärmelkanal: 14,5-15°C. Die erste erfolgreiche Überquerung schaffte eine Staffel: "Jodie's Hippos", die zugunsten einer Hirntumorstiftung schwammen. Zwei "Solisten" standen evenfalls auf der Warteliste, einer schaffte es: Christian Hübner von der "IfA Nonstop Bamberg".



Christian (Mitte) gewann das 12.Schwimmen im Züricher Hallenbad im Februar 2008 mit 34,9 km (Fotos von seinem Ärmelkanalschwimm: Link)

Ich hatte Christian "Nonstop" Hübner letztes Jahr beim Zürichsee-Marathon-Schwimmen kurz kennengelernt, wo er uns ein paar Schweizer Fränkli für Eiskrem lieh, weil wir mit Euros in Rapperswil nichts ausrichten konnten. Im Februar trafen wir uns wieder in Zürich beim 12 Stunden-Schwimmen (im Hallenbad) des Sri Chinmoy Marathon Teams, wo er mir von seinen Ärmelkanalplänen erzählte. Danach ergaben sich natürlich einige Kanal-Gespräche und Austausch von Fragen und Tips.

Christian sollte am Dienstag, den 24.6. schwimmen. Der Wetterbericht war für diesen Tag am günstigsten (trotz 9 mph, ca. 14 kmh Windgeschwindigkeit) zweite Option Donnerstag. Der Wetterbericht für Dover zeigte allerdings zunehmenden Wind für Dienstag, aus südöstlicher Richtung. Trotzdem war Christian entschlossen, die erste Gelgenheit zu nutzen. Das Wetter kann sich sehr schnell in kürzester Zeit verändern. Wenn man Pech hat, kann man erst mal gar nicht starten - dem zweiten Schwimmer, der auf Donnerstag wartete, erging es so. Im Scherz meinte Christian noch, dann könne er Donnerstag in Ruhe Fußball schauen, was dann so weitergegeben wurde, als wäre er wegen dem Fußball an diesem windigen Dienstag geschwommen (das Deutschland-Spiel ums Halbfinale war allerdings Mittwoch!). Deutscher Humor!

Am Dienstag nachmittag gegen 16 Uhr fiel mir auf einmal ein, dass Christian jetzt wahrscheinlich irgendwo im Kanal unterwegs ist. Über die Chat Group bat ich um Neuigkeiten und erhielt sofort die Meldung, dass er seit 3 Stunden auf der Stelle schwimmt, von Wind und Strömung Richtung Atlantik und New York abgetrieben wurde sozusagen. Christian hatte die Kanalgötter herausgefordert, wie er selbst sagte: nach 8 Stunden fand er, es sei ja leichter als der Zürichsee, und nach 10 Stunden meinte er, für die letzten paar Meter bräuchte er keine Futterpause mehr - die französische Küste war offenbar zum Greifen nahe. Und dann wurde es eben ernst: Strömung, hohe Wellen, Windstärke 5, weg von der Küste und hinaus in den Atlantik, vorbei an Cap Griz Nez, wo man normalerweise spätestens gelandet sein sollte.

Das Team hatte die Hoffnung für ihn schon aufgegeben, nur seine Frau glaubte noch an ihn. Und er selbst. Zwei Jahre Vorbereitung - da lohnt es sich, zur Not noch 6 Stunden auf der Stelle zu schwimmen bis die Strömung dreht. Denn das ist der Punkt: Wenn man durchhält, körperlich (Sicherheit und Gesundheit haben dabei immer Priorität!) und vor allem auch mental und nicht aufgibt, erreicht man normalerweise zwangsläufig die Küste - nur eine Frage der Zeit. Im Fall von Christian 17 Stunden 16 Minuten. Ganz herzlichen Glückwunsch! Super Spirit!

Hier ist seine ungewöhnliche Schwimmroute:



Größere Kartenansicht

und hier nochmal ein Link zu seiner Fotogallerie vom Kanal

Wie heißt es doch so schön: "Nothing great is easy"


Mittwoch, 25. Juni 2008

21./22. Juni - 9 Stunden im Bodensee



Endlich in die Weite schwimmen! Fast wie im Meer! Quallen und Seetang vermisse ich allerdings nicht....



Ohne es zu merken, kamen wir am Samstag einer Regatta in die Quere.

Unser internationales Sri Chinmoy Marathon Team Meeting in Kreuzlingen am Bodensee war die ideale Gelegenheit für ein intensives Schwimm-Wochenende. Endlich ein großer See, mit Wellen und kälterem, extrem klarem türkisfarbenem Wasser! Dazu strahlender Sonnenschein, fröhliche Helfer und ein wunderschönes knallrotes Kayak! Das ist mein Luxus!



Valishta ist happy - es verspricht ein guter Tag zu werden!

Dank Valishta und am Sonntag Kastura aus Zürich, die meine treuen Paddler waren, konnte ich mich weit auf den See hinaus wagen, seeaufwärts in Richtung Bregenz. Samstag 4 Stunden, Sonntag 5 Stunden (davon eine ohne Begleitung) in geschätzten 18°C kaltem Wasser, mit Wellen und Wogen - eine Qualitätsstufe mehr im Training! Danach war ich deutlich einiges kaputter als nach den 2x5 Stunden am sanften Silbersee. Guter Fortschritt also!



Futterpause mit Aufwäremen am Boot (der Körper hat Gänsehaut, bei über 30°C Außentemperatur) - im Kanal darf man Boot und Helfer allerdings nicht berühren




Auf dem Rückweg nach Kreuzlingen



Sonntagmorgen - fertig für die nächste Trainingseinheit (5 h)

(Längerer Bericht auf der englischen Seite: www.channel-triathlon.blogspot.com/)

Montag, 16. Juni 2008

14./15 Juni - 30 km im See - Tanz mit den Wellen


Das Wochenende war kalt und nass gemeldet, SEHR kalt und vor allem Sonntag SEHR nass - gut für Kanaltraining (Temperatursturz bis zu 8°C am Morgen, 16-18°C tagsüber). Einerseits sehr willkommen zwar, aber da ich bisher keine Gelegenheit für längeres Kältetraining hatte, wusste ich nicht, wie lange ich es gefahrlos so ganz allein im Silbersee würde aushalten können. 1 Runde dauert immerhin 1 Stunde, zwar ist überall Ufer in der Nähe, aber zurück laufen ist auch nicht besser.

Mein Ziel war, Samstag und Sonntag je 5 Stunden "back to back", soweit wie möglich im kalten See zu schwimmen, den Rest zur Not im warmen Freibad.

Als ich Samstag gegen 9:30 Uhr (7;54 Uhr Abfahrt Ziegelhausen, kalt und düster) am Silbersee ankomme, große Überraschung: fast blauer Himmel, die Sonne ist da. Das Wasser ist kälter als sonst, aber nicht eisig, ca. 19-20 Grad (Dover jetzt: 13-14°C!), wunderbar klar. Die 5 Stunden sind kein Problem, der Wind ist zwar noch kälter, aber die Sonne hilft ein bisschen.

Ich bin unsicher, ob ich noch eine 6. Stunde draufpacken soll, da ich nicht wirklich verausgabt bin und auch Hände und Füße noch nicht kalt sind, will dann aber genug "Hunger" übrig lassen, um am nächsten Tag nochmal 5 Stunden hier durchstehen zu können, auch bei Regen, ohne Sonne. Freibad ist abgeschrieben (25 °C!!), dazu bin ich fest entschlossen.

Radle noch 1 Std. über die Felder zurück nach Mannheim zum Bahnhof statt zur nächsten Station, schaue auf dem Weg noch kurz beim American Football im MTG-Stadium vorbei, was mich an New York erinnert und ganz witzig ist, vor allem wenn es dem Stadiumsprecher genauso geht wie mir nach dem Anstoß: "Wo ist denn der Ball?!" Die Regeln sind für Laien so undurchsichtig, dass ich zu verstehen glaube, wie die Idee zu Calvinball entstanden ist. Aber es ist dynamisch und unterhaltsam, eine willkommene Abwechslung. Um 20 Uhr dann noch Treffen mit Freunden.

Sonntag:
Der Wetterbericht hatte sich erstaunlicher Weise geändert: Regen nur noch am Nachmittag. Super! Wieder mit dem 7:54 Uhr Zug nach Frankenthal, per Pedales zum See. Dickere Wolken, zwei DLRG-Jungs schon da (und 2 Angler am anderen Ufer), sonst absolute Einsamkeit und Stille - von Kuckucksrufen, Fröschequaken und Vogelgezwitscher abgesehen. Als ich mich einfette und grad ins Wasser will, begrüßt uns die Sonne! Während der ersten 3 Stunden schaut sie immer mal kurz raus, eine weitere halbe Stunde später: eine dicke dunkle Wolke schiebt sich über den See - der angekündigte Regen, nur früher. Gegen den auffrischenden Wind schwimme ich zurück, sehe fast nichts mehr vor Regen, dazu haben meine Goggles angefangen zu lecken. Zum Glück sind keine Segler oder Surfer auf dem See, ich bin teilweise blind wie ein Maulwurf. Gute Erinnerung, ein paar neue Schwimmbrillen zu besorgen, zu testen und "einzuschwimmen" für Dover.

Der Regen wird stärker, prasselt herab. Als ich nach 4 h kurz aus dem Wasser steige um nach meinen Sachen zu schauen (gut zugedeckt) und mich mit etwas heißem Ingwertee und Rosinen zu stärken, sind die beiden DLRG-Leute gerade im Aufbruch. Außer mir gab es sowieso niemanden zu beaufsichtigen. "Fertig?" rufen sie mir zu. "Noch eine Runde," antworte ich. "Bei dem Regen!" meinen sie kopfschüttelnd. Haha! Ich steige wieder ins Wasser - wesentlich angenehmer als draußen. Die 5. Runde macht noch einmal so richtig Spaß - erst schiebt mich der Wind von hinten, ich tanze mit den Wellen zum anderen Ufer, genieße das Gefühl von Dynamik und Power, dann auf dem Rückweg heißt es wieder gegen die Wellen "punchen", auch das liebe ich, das beste Training. Eigentlich sollte man speziell bei schlechtem Wetter an den See, solange kein Gewitter droht. Mir wird wieder einmal bewusst, wie gut doch "widrige Umstände" - auch sonst im Leben - sein können, um zu helfen, die eigene Kraft so richtig zum Vorschein zu bringen und zu trainieren. Und wieviel Freude man erhält, wenn man die Herausforderung annimmt statt innerlich Widerstand zu leisten!

Nach den 5 h keine Versuchung für eine Zusatzrunde. Ich hatte innerlich noch ein bisschen das Surya-Lied gesungen, es ist fröhlich, mit einem guten Rhythmus, und dachte, mal testen was passiert...., und tatsächlich kam die Sonne während der letzten Minuten noch etwas raus, ließ ihr Licht silbern auf den Wellen tanzen, und wärmte am Ufer dann schon wieder ein wenig! Ich war happy und dankbar, die 2 x 15 km im See mit freundlicher Unterstüztung von oben geschafft zu haben, wollte aber keine weitere kalte Dusche auf dem Fahrrad riskieren.

Als ich gegen 18 Uhr in Ziegelhausen ankam, war es so dunkel und der Wind bließ so kalt, dass die Vorstellung, 2 x 5 Stunden im See geschwommen zu sein, vollkommen irrationale Züge annahm. Was mich aber wieder beruhigte, da der Kanal-Triathlon auch manchmal irrational anmutet - und ich trotzdem weiß, er ist machbar.

Montag früh 1 Stunde Lauf mit Ellen flach am Neckar entlang, zum ersten Mal nach dem Mannheim-Marathon - gutes, fittes Gefühl. Aber tagsüber dann müde und fröstelig. Einen Ruhetag hab ich mir verdient. Großer Topf Nudeln mit Tomatensauce und Eiskrem - der Körper hat noch Nachholbedarf.

Am Wochenende ist ein Long Swim im Bodensee geplant, bei Kreuzlingen, diesmal mit Begleitung von Helfern. Wassertemperatur dort im Moment nur knapp 17 Grad! (letztes Jahr um die gleiche Zeit schon 20+!) Schaun mer mal, wie lange wir es darin aushalten. Bis zum großen Tag ist noch einiges an Abhärtung notwendig! Aber ich bin zuversichtlich.

Sonntag, 8. Juni 2008

7./8. Juni - Long Swim, Radtour (120km) nach Amorbach und Gewitter

Sa., 7. Juni
Nach dem 5-Stunden-Schwimm letzte Woche waren für heute eigentlich 7 Stunden geplant - ca. 21 km. (Der Ärmelkanal ist 33 km Luftlinie, man schwimmt aber wegen der Strömung in der Regel 45-50 km oder mehr.)

Am Abend zuvor hatte ich mich innerlich auf den 7:54-Uhr-Zug programmiert (6:54 klang noch zu abenteuerlich), um ca. 9:30 am Silbersee zu sein, und trotz ein bisschen verschlafen funktionierte es (inkl. Morgenmeditation und Tasche packen.)

Als ich am See ankam, natürlich wieder keine Menschenseele, aber zur Begrüßung ein Schwan neben dem Stockentenmännchen und drei Familien Schwarzhalsgänse (meine Bezeichnung), die erst draußen auf dem See dahinzogen, dann aber innerhalb von 15 Minuten eine nach der anderen ca. 50 m von mir entfernt an Land gingen um im Gras nach Futter zu suchen - mit 10 kleineren und größeren Gänsekücken. Ich genoss kurz die Ruhe und beobachtete die Tiere, bis ich kurz vor 10 Uhr endlich ins Wasser stieg. Ich dachte an Dover - dort müssten sie jetzt fast zur gleichen Zeit mit dem Training beginnen (9 Uhr, aber Zeitverschiebung).

Wieder Sets von 2 Runden - halbe Stunde hin, halbe zurück - nach der 2. Stunde Frühstück (Eierwaffeln von Aldi zur Abwechslung), bei Runde 4 das gute Gefühl, jetzt geht es bergab, "nur" noch 3 Stunden. Nach vier Stunden Müsli und Bananen, und noch etwas Waffel, später noch Rosinen und Energy-Gel.

Diesmal schwimme ich viel mit Erinnerungen. Ich denke an meinen 7-Stunden-Testschwimm in Dover im Juli 1985, bei denkbar schlechtem Wetter, wieviel Spaß es machte, in die Wellen zu "punchen", und wie gut ich mich nach den 7 Stunden noch fühlte. Und dabei hatte ich erst Ende April mit dem Training begonnen! Hier ist der See allerdings flach, leider. Oder ich denke an Jones Beach, Long Island, vor New York, wo wir 1985, als ich im Juli und August wegen schlechtem Wetter den Kanal nicht schwimmen konnte, 2 Wochen Intensivtraining genossen, ebenfalls meist bei recht hohem Wellengang.

Als die 6. Stunde anfängt, stelle ich mir vor, im Kanal zu sein, das Boot neben mir - nach 6 Stunden hatte ich damals die Mitte erreicht, geographisch. Ich konnte vom Wasser aus beide Küsten sehen - die Weißen Klippen von Dover und die französische Küste! Es war ein irres Gefühl. In dem Moment wusste ich, das ich es schaffen würde. Und dann dauerte es von dieser "Mitte" noch 11 Stunden! Im Moment konnte ich mir nicht vorstellen, noch einmal 11 Stunden dran zu hängen - aber es sind ja noch ein paar Wochen Zeit, und das Training wird intensiver. Und die Muskeln wachsen noch.

Während der 7. Stunde wollte ich mir als Visualisationsübung vorstellen, die französische Küste zu erreichen, wie in diesem Video eines anderen Kanalschwimmers:

The video below is of Hugh completing his English Channel Swim on 7/8/2004.
Video

Als ich nach der 6. Stunde (ca. 18 km) für eine kurze Trinkpause aus dem Wasser stieg, fiel mir jedoch die dunkle Wolke am Horizont auf, die bedrohlich größer wurde und näher kam. Der angekündigte 11 Uhr-Regen war ausgefallen, der 17-Uhr Regen würde fast pünktlich sein, schien es. Beim Schwimmen stört Regen ja nicht. Etwas trieb mich aber, die DLRG-Leute zu fragen, ob ein Gewitter gemeldet sei oder nur Regen. Sie fragten, ob ich denn nicht die Blitze in der Ferne gesehen und den Donner gehört hätte?

Erstmal Enttäuschung. Dann zurück ins Wasser, um in Ufernähe wenigstens solange wie möglich noch hin und her zu schwimmen in der Hoffnung, das Unwetter würde vorbeiziehen. Jetzt kamen die Blitze von zwei Seiten auf den See zu. Keine Wahl also! Der Wind frischte auf (endlich schöne Wellen!) und die Wolken öffneten sich. Ich war eine der letzten, die den Strand verließ. Mit dem Rad noch übers offene Feld zum Bahnhof - ich war dankbar und erleichtert, ohne Blitzeinschlag wohlbehalten dort anzukommen.

Radtraining nach Amorbach (120 km) und wieder Gewitter

Sonntag, 8. Juni
Für heute war 26 Grad und Sonne mit etwas Wolken angekündigt. Nachdem die Gewichte (Hanteln) am Morgen extrem schwer erschienen und Arme und Schultern heute nicht noch einen Long Swim verkraften würden, war die geplante Bike-Tour doch das Sinnvollste. Amorbach und zurück - 120 km mit einigen Höhenmetern, eine sehr schöne Strecke erst am Necker entlang, dann durch kühlen Wald, ab Eberbach langsam, ab Kailbach steiler bergauf, 15 km vor Amorbach dann schön bergab - und umgekehrt. Cappuchino im kleinen Barockstädtchen, draußen in der Sonne - so die Vorstellung. Und bis Kailbach auch wie geplant, im Gegenteil, die Strecke erscheint sogar leichter und kürzer als in der Erinnerung.

Als es dann hoch zum Kamm des Höhenzuges geht, wieder dunkle Wolken über dem Wald, sehr dunkle. Donnergrollen. Nicht schon wieder! Das war nicht gemeldet! Es fängt leicht an zu regnen (ich hatte die Regenjacke extra zu hause gelassen), von angenehm frisch sinkt die Temperatur auf etwas kühl. Als ich auf dem Kamm ankomme und meine, aus der Wolke schnell ins Tal in die Sonne fahren zu können, öffnen sich wieder die Schleusen. Ich suche kurz Schutz, um bei der Kühle nicht völlig durchnässt zu sein für die nächsten Stunden, und fahre weiter, als es nachlässt. Der helle Himmel in der Ferne trügt jedoch - es geht erstmal weiter in den Regen hinein, bis es nach 30 Min. dann doch erstmal aufhört. Ich muss dann doch wieder lachen - ist halt Kanaltraining!

5 km vor Amorbach dann wieder eine dicke dunkle klassische Gewitterwolke von rechts. Links, Richtung Amorbach, blauer Himmel. Schaffe ich es noch? Auf einmal öffnen sich wieder die Schleusen, Tropfen wie Geschosse, dazu Donnergrollen und erste Blitze - schnelle Umkehr zur letzten Tankstelle zum Schutz suchen. Ratlos und fröstelnd stehe ich da, esse erstmal meine Haferflocken (die Brötchen fielen schon der letzten Pause zum Opfer). Zurück und wieder vor dem Ziel abbrechen? Dort hängen auch die Wolken. Ich möchte noch etwas Sonne, einen Cappucchino, und vor allem Amorbach erreichen. Als Regen und Blitze nachlassen, wage ich es. In 10 Min. bin ich in Amorbach, aber auch dort alles nass, keine Sonne. Ich genieße trotzdem meinen Cappuchino in einer Eisdiele neben einer Gruppe Motorbikern, die diese Strecke genauso zu lieben scheinen wie die Oldtimer, die einem hier begegnen.

Als ich mich wieder aufs Rad schwinge: "Here comes the sun!!!" Zaghaft, ohne Wärme noch, aber alles verzaubernd. Falls ich mal eine heidnische Inkarnation gehabt haben sollte, war ich sicher ein Sonnenanbeter. Sonnenstrahlen durch Wolken und Blattwerk, Sonnenglitzern auf Wasser, auf Schnee, auf regennasser Strasse, in Tautropfen - schöner als Diamanten. Und die Yogis sagen, die innere Sonne sei noch unendlich viel schöner und kraftvoller.

Bis sie im Neckartal wieder ihre volle Kraft entfaltet, bleibt sie zum Glück noch gemildert. Bis kurz vor dem Hügelkamm kühlt ein leichter Sprühregen, während von rechts die Sonne strahlt. Auf den letzten Metern bergauf sind die einzigen Tropfen dann der Schweiß von meiner Stirn, bevor ich bergab nochmal in die Kühle des Waldes eintauche.

Als ich nach ca. 6 1/2 Stunden wieder zuhause bin, zwar noch ganz fit, aber nicht "taufrisch", frage ich mich, wie das mit den 560 km werden soll (die allerdings nicht so bergig sind). Dabei bin ich mir zugleich bewusst, dass es 2000 und 2004 ja auch ganz gut ging beim Dreifach-Ironman in Lensahn - nur werden es jetzt zuvor ein paar Stunden mehr Schwimmen sein.

Im Prinzip kann man solche Ultras nicht wirklich trainieren. Man kann durch Training für Körper und Geist nur eine möglichst gute Grundlage zu schaffen versuchen. Am Schluss muss es eine tiefere oder höhere Kraft sein, für die man sich öffnet - und das ist das Faszinierende an den Ultras, wenn man spürt, dass man über das rein Physische hinausgeht.

Montag, 2. Juni 2008

1. Juni - erster langer Schwimm im See (15 km)!



Der Silbersee bei Bobenheim-Roxheim Nähe Frankenthal

Endlich! Nach Gewitter und Regen am Samstag und dem Mannheimer Dämmermarathon am Wochenende davor endlich Gelegenheit zu einem Long Swim im See am Sonntag, 1. Juni! Guter Monatsstart. 5 Stunden (plus kleine Pausen), ca. 15 km.

Seit dem 15-km-Schwimm am 1. Mai im Herzogenriedbad war ich nicht mehr länger als 1 Std. am Stück geschwommen - entweder zu kalt (19°C anfangs im Freibad HD, muss mich noch an Kälte gewöhnen) oder dann zu wenig Platz im Wasser, als es schön warm wurde. Und das Tiergartenbad macht erst um 9 Uhr auf! Bammental immerhin schon um 8 Uhr - neue Entdeckung. Und Hallenbad geht einfach nicht mehr - mit 27 Grad!!!! Dazu etwas Krafttraining, mit Schwimmseil, Hanteln, und Kieser-Training - eine Werbeaktion schenkt mir 5 kostenlose Probewochen - für jedes Lebensjahrzeit eine. Aber ich glaube, ich werde dabei bleiben!



(Foto vom Zürichsee-Marathon-Schwimmen 2007, da ich in Roxheim keine Kamera dabei hatte aber ein paar mehr Schwimmbilder auf dem Blog sich ganz gut machen ...)

Am späten Sonntagmorgen um 10 Uhr ging es also per Bahn und Bike zum Silbersee in Roxheim bei Frankenthal, wo ich seit 1985 immer wieder für meine langen Schwimms trainiere. Der Baggersee liegt friedlich in einem Naturschutzgebiet, wo alle Arten von Wasservögeln nisten. Das Wasser ist grünlich, aber sehr klar. An schönen Wochenende ist hier einiges los - je nach Wind auch Segeln und Windsurfen, da kann man dann gut in die Wellen "punchen", aber muss als Schwimmer auch aufpassen. Letztes Jahr war es aber meist ruhig.

Auch als ich gegen 11:30 Uhr ankomme, liegt der See spiegelglatt in diesigem Dunst, nur ein einziger Mensch am Ufer, der auch bald verschwindet. Bäume sind abgeholzt, ein toter Fisch am Strand - was ist hier los? Ich bin nicht sicher, ob ich so alleine die geplanten 5 Stunden durchhalten werde. Ein Stockentenmännchen putzt sich zwei Meter vor mir ausgiebig im Wasser - als wenn es genauso froh wäre, die Gegenwart einer anderen lebenden Seele zu spüren.

Doch als ich nach kurzer Vorbereitung (noch etwas Haferflockenbrei mit Maltodextrin und Soyadrink, leichtes Stretching, Melkfett unter die Achseln und an mögliche Scheuerstellen, kurze Meditation) ins Wasser steige, das sich gar nicht so kalt anfühlt, kommen die ersten Sonntagsausflügler. Am anderen Ufer, das ich jeweils nach einer halben Stunde erreiche, liegt auch schon jemand. Jetzt fühle ich mich sicherer, und als ich nach 1 Stunde wieder zurück bin, wimmelt es von Kiddies mit ihren Eltern am Ufer, bald auch von Luftmatratzen und Schlauchbooten im Wasser.

Die Sonne brennt zunehmend, das Wasser fühlt sich nicht an wie 17°C (wird in 1 m Tiefe gemessen, an der Oberfläche sind sicher 20-21°C). Es gleitet sich wunderbar, ich schwimme kräftig mit gutem Rhythmus. Endlich raus aus dem Becken! Nach jeder Stunde einen Schluck zu trinken, ein paar Rosinen, nach der 2. Stunde ein Käsebrot, nach der 4. Stunde ein Powerbar-Riegel, der noch vom Marathon übrig ist. Einmal fängt der linke Ellbogen an zu zwicken - eine Schwachstelle schon 1985 - aber kurz darauf ist es schon wieder vorbei. Ich versuche gut in meinen Körper hineinzuhorchen, damit ich sofort reagieren kann, wenn sich etwas anbahnt. Surya, der Sonnengott, ist gnädig - nach einiger Zeit lässt er/sie sich von einigen sanften Wolken leicht verschleiern, bleibt aber präsent. Ich habe natürlich wieder keine Sonnencreme verwendet.

Ich bin dankbar, hier draußen sein zu dürfen und genieße den Schwimm. Nach 4 Stunden bin ich allerdings auch froh, dass jetzt die letzte Runde kommt, es ist schon noch Aufbauarbeit sozusagen. Die letzte Stunde genieße ich am meisten - es fühlt sich noch sehr gut an, die Power ist da, auch wenn ich ganz am Schluss dann doch meine Arme und Muskeln spüre. Auf dem Rad Richtung Mannheim Hauptbahnhof über die Felder leide ich unter der Nachmittagshitze und bin sicher, dass ich im August für das Biken und Laufen um Regen beten werde, wenn es da auch so heiß ist. Der Triathlon ist ein Balance-Akt zwischen Kälte und Hitze.

Ab jetzt sollten jedes Wochenende ein bis zwei Long Swims kommen - nächste Woche 7 Stunden - oder 8? Wenn es kein Gewitter gibt. Schluchsee bei Freiburg ist noch eine Alternative. Dover ist aufgeschoben. Ich beneide zwar ein bisschen die anderen Kanalschwimmer, deren Dover-Training ich auf einigen Blogs verfolge, aber die Temperaturen dort sind noch zu eisig - es wäre nicht wirklich effektiv für mich, jetzt hinzugehen und nur wenige Stunden auszuhalten - und dann noch mehr unter der Sommerhitze zu leiden. Neuer angedachter Dover-Termin ist erstes Juli-Wochenende, und um den 21. Juli, d.h. 2-3 Wochen vor dem Schwimm-Termin ab 6./7. August, zum Intensiv-Training ganz rüber.

Für Leute, die sich fragen, wie beschäftigt man denn seinen Geist die ganzen Stunden allein im Wasser: Abgesehen von allen möglichen weltlichen Gedanken, von Beruflichem, Zwischenmenschlichem, Philosophischen, singe ich oft oder wiederhole Mantren im Rhythmus des Atems oder Kraulens. Melodien oder Worte tauchen oft einfach aus dem Innern auf. Oder - das sind die schönsten Augenblicke oder Zeiten - man "ist" einfach, vollkommen im Jetzt. Ich schwimme, also bin ich... :)

"My heart swimming

In silver light,

My soul swimming

In ecstasy's height."

- Sri Chinmoy


Sonntag, 18. Mai 2008

Bike Brüssel-Mainz (15.-17.5.) nach World Harmony Run am Europäischen Parlament (14./15. Mai)



World Harmony Run-Enthusiasmus und Freundschaften schließen an der Grundschule Claire Joie in Brüssel





Der Empfang des World Harmony Run am Europaparlament in Brüssel inklusive Besuch einer Brüsseler Grundschule mit der Fackel war eine gute Gelegenheit, die Radstrecke von Brüssel nach Bingen/Mainz zu testen bzw. genauer festzulegen.

Nach einigen eindrücklichen und inspirierenden Stunden am Parlament und bei den Kindern der Claire Joie Grundschule, die eigens eine Aufführung für uns einstudiert hatten, schwang ich mich am Donnerstag Mittag auf mein schon etwas älteres Bike, Regensachen und nur das Allernötigste an Kleidung zum Wechseln im Rucksack, verabschiedete mich von meinen Freunden, die mit dem Auto direkt zurückfuhren, und machte mich auf die drei Etappen-Tour: bis zum Abend nach Aachen (ca. 137 km), Übernachtung in der Jugendherberge, am nächsten Tag weiter über Düren, Nörvenich, Bonn (nicht ohne einige Adrenalinstöße dank Stadttunnel Bonn und radtechnisch unbrauchbarer B9) schließlich den Rhein-Radweg entlang nach Koblenz (ca. 135 km), Übernachtung in der einmalig gelegenen Jugendherberge auf der Festung Ehrenbreitstein, und am Samstag gemütlich den landschaftlich wunderschönen Rest nach Mainz (ca. 117 km), von dort mit dem Zug nach Heidelberg.

Es war ein einmaliges Erlebnis. Belgien ist ein Paradies für Radfahrer - überall der Straße entlang, ob im Ort oder außerhalb, fand ich Radwege in bestem Zustand. Deutschland war überraschend gut ausgestattet, aber an vielen Stellen war doch zu spüren, dass Radfahrer hier Menschen zweiter Klasse sind - hohe Bordsteine, Ende in einer Baustelle ohne Vorwarnung, Kiesbelag etc.

Von der Landschaft her ebenfalls einmalig. Belgien ist wie ein großer Park, der sich, zumindest von Brüssel nach Aachen, radfahrerfreundlich in sanften Hügeln erstreckt. In den Verkehrsinseln bei Tervuren wachsen bis zu 5 Meter hohe Rhododendron-Sträucher, in den Parks, Gärten und Alleen strahlen riesige alte Bäume - Kastanien, Buchen, Eichen, Weiden oder Exotisches - eine erhabene Ruhe aus, dazwischen gepflegter Rasen, Teiche und Rhododenren über Rhododenren, wie kleine Wälder. Dann die kleinen, gepflegten belgischen Häuser, die wie eine Mischung aus englischer, holländischer und norddeutscher Architektur anmuten, mt dunkler Klinkerbauweise, weißen Verzierungen, und den zahllosen schmalen Schornsteinen englischer Arbeitersiedlungen. Zwar bin ich schon mehrfach mit dem Auto durch Belgien gefahren, aber mir war nie bewusst geworden, wie schön und gepflegt das Land ist! Mit dem Rad kommt man viel unmittelbarer mit Land und Leuten in Berührung.

Ein Blick in die belgische Geschichte machte mir zuhause jedoch wieder bewusst, wie kurz erst dieser friedliche Zustand in einem Land besteht, das selbst stark durch kulturelle Spannungen geprägt ist.

Das Wetter hatte es wieder gut gemeint. Der für Donnerstag und die nächsten Tage angekündigte Regen verschonte die Zeremonie am EU-Parlament, und auch als ich gegen 13 Uhr losfuhr, hörte es nach einigen wenigen Tropfen sofort wieder zu regnen auf. Die Wege waren meist feucht, doch bis auf das für 17 Uhr angekündigte Gewitter mit Platzregen, das bei Borgloon pünktlich eintraf, mir aber noch Zeit ließ, in einem kleinen Bistro Zuflucht zu suchen, wo ich einen der besten Vegi-Burger jemals und ein riesiges Vanille-Eis mit Sahne genoss, hielt sich der Regen fern. Die dunklen Wolken entluden sich entweder hinter mir oder vor mir. So gelangte ich trocken ins nasse Aachen, und als ich mich nach dem Einchecken noch mit einem Cappucchino in den überdachten Hof setzte, trommelte wieder der Regen.

Der nächste Tag ließ mich ebenfalls trocken, und es wurde sogar sehr sonnig. In Koblenz das gleiche Spiel wie in Aachen, nur setzte der Regen erst spät nachts ein, nachdem man den spektakulären Ausblick von der Festung auf die wie Diamanten funkelnde Stadt und die dunkle Rheinschleife am Spätabend noch in Ruhe genießen konnte.



Festung Ehrenbreitstein mit der Jugendherberge

Am nächsten Morgen Start in Koblenz bei stark bewölktem Himmel - und auf einmal brach wieder die Sonne durch einen engen Wolkenspalt - wie eine Ermutigung, sich nicht von widrig erscheinenden Umständen beeindrucken zu lassen. Wieder war die ganze Strecke trocken, obwohl Regen gemeldet war. Ich konnte die letzten Rhein-Kilometer in aller Ruhe genießen. Gegen 20 Uhr am Samstag war ich wieder in Heidelberg. Kurz nachdem ich das Fahrrad in die Garage gestellt hatte, begann es zu regnen. Nehmen wir es als günstiges Omen für August!

Nicht nur das Wetter, auch meine Beine waren brav - trotz reduziertestem Radtraining in den letzten 6 Monaten ging es erstaunlich gut. Natürlich spüre ich heute meine Oberschenkel, und es ist mir auch klarer bewusst geworden, auf was für eine Herausforderung ich mich da tatsächlich eingelassen habe (200 km von Calais nach Brüssel kommen noch dazu, und dann ohne Übernachtung auf der Radstrecke, nur mit kurzen Pausen wenn die Müdigkeit überhand nehmen sollte, und das Schwimmen davor...) - aber die Zuversicht ist auch gewachsen, dass der Kanal-Triathlon realistisch machbar ist und wie eine eigene innere Dynamik entwickelt, sich zu manifestieren. 560 km war ich ja bei zwei Dreifach-Ironman schon am Stück gefahren (2000 und 2003). Das Schwimmen vorher wird jetzt natürlich anstrengender, dafür aber ist die Laufstrecke danach kürzer (80 km)...

Am Samstag steht noch der Mannheim-Marathon an, dann gehört die Konzentration zunehmend dem Schwimmen. Der erste Dover-Dip ist sinnvollerweise auf Juni verschoben.

Montag, 5. Mai 2008

Kein Rekord, harte Arbeit, und ein Super-Gefühl



73 km in 12 Stunden beim "Self-Transcendence-Lauf" in Basel

"Laufe und werde" - ein mantrischer Spruch Sri Chinmoys, des Begründers des nach ihm benannten international aktiven Marathon Teams, den wahrscheinlich am ehesten Läufer verstehen. Mich erinnert er immer an Erich Fromm und seinen Klassiker "Haben oder Sein", der mich während meiner Studienjahre genauso begeistert hat wie die Bücher über Zen.

Was ich am Laufen besonders liebe, ist die Einfachheit - ein paar Laufschuhe, Socken, Hose, Shirt- und es kann losgehen (o.k., bei Kälte/Nässe etwas mehr) - ob im Großstadtdschungel von New York oder in einsamer Natur. Man legt alles Überflüssige ab - und läuft sich frei! Denn wenn man mit dem Atem läuft, statt weg von ihm, wie es Fred Rohe in "Zen des Laufens" rät, bleiben auch negative Gedanken und Gefühle meist zurück. Man ist dem Mönchsein sehr nahe: Sein wird wichtiger als Haben, doch es ist kein statisches Sein, sondern ein sich ständig veränderndes - ein Prozess, ein Werden eben. Bei den längeren Läufen wie Marathon und mehr begegnet man zwar fast zwangsläufig auch Blockaden, Schmerzen und Tiefs (muss aber nicht sein!), aber man lernt sie zugleich auch überwinden, um dafür mit Erfahrungen des Fließens, Tanzens, Schwebens, der Freiheit und Grenzenlosigkeit belohnt zu werden - bis zu Momenten tiefer, fast ekstatischer Freude, die innerlich noch lange nachklingen.

Als ich am Samstagabend, 3. Mai, per Bahn in Basel ankam (nur 18 Euro Baden-Württemberg-Ticket!) und meinen Rolli und Sporttasche gegen 21 Uhr in die weitläufige Sportanlage St. Jakob schob, spürte ich sofort wieder die Faszination der Ultras, die der Verstand kaum begreifen kann. "Warum läuft man 12 oder gar 24 Stunden im Kreis?" "Gute Frage, nächste Frage..." Man muss es erleben. In der ruhigen Abendatmosphäre, zwischen den dunkelgrünen Rasenflächen von Fußballfeldern, Hecken und Baumalleen und einem unendlichen Himmelszelt darüber zogen seit 12 Uhr mittags schon die 24-Stunden-Läufer ihre Bahnen auf einer 1,2 km-Runde. Dynamisch-fröhliche Live-Musik-Klänge schwebten über der Anlage, an den Zählertischen fröhliche Stimmung und pausenlos aufmunternde Zurufe an die vorbeiströmenden Läufer, die meist immer noch lächeln oder scherzen konnten. Manche waren in ihrer Gehphase, der ein oder andere humpelte auch schon, aber viele wirkten überraschend frisch.

Ich genoss die Atmosphäre noch ein wenig, plauschte mit ein paar Freunden am beliebten und hochfrequentierten Food-Stand, legte mich eine halbe Stunden noch hin (mehr Tiefenentspannung als Schlaf) und machte mich dann fertig: Füßchen einschmieren (es sollte trotzdem eine schöne dicke Blase an der Innenseite der rechten Ferse geben), eine Zehe abkleben, Vaseline bzw. Melkfett an andere kritische Stellen (unter den Achseln etc.), Zwiebel-Look zum Ablegen nach der Aufwärmphase, noch einen Kaffee zum Wachbleiben und kurze Meditation - ohne Kraft von innen wäre ich hier hilflos. Pünktlich um 10 nach 12 der Start (die 24er hatten auch mit Verspätung begonnen).

Die erste Stunde lief super - Stella aus Moldavien, die am Schluss mit 87,9 km Platz 3 bei den Damen belegen sollte, und ich liefen zügig Seite an Seite, die Zeit verflog, doch dann wurde ich merklich langsamer und mein Ziel, die 80 km zu erreichen, löste sich klar in Luft auf. Schnell rechnete ich durch was möglich erschien, und setzte zwei neue Ziele: die 58 km von New York (10 Stunden-Walk) auf jeden Fall überbieten, und dann die 70 km ansteuern, ohne mich kaputt zu machen, denn den Marathon in 2 Wochen möchte ich noch passabel laufen.

Obwohl ich die Nacht liebe, war es diesmal schwer, ich musste mich Stunde um Stunde vorwärts kämpfen. Die motivierende Musik von Mountain Silence (Hörprobe) und Japaka's Orchestra (Hörprobe) - echte "Life-Saver", danke für euren "Ultra!! - der klare Sternenhimmel, alles konnte nicht verhindern , dass der Lauf vor allem in der ersten Hälfte für mich harte, schmerzhafte Arbeit war. Die Fersen fingen bald wieder an weh zu tun, manchmal wie ein Messerstich (alte Narben von einer alten OP), das Laufen war nicht rund, ich hatte deutlich "Schonhaltung". Ich wechselte in das andere Paar Laufschuhe mit dem besseren Fersenpolster. Sofort spürte ich den Unterschied. Jetzt war die Bewegung wieder runder, zwar nicht wesentlich schneller, aber fließender und harmonischer. Dennoch kamen die Schmerzen wieder. Ich versuchte es mit erst zwei, dann nochmal zwei Advil, meiner Notmedizin (obwohl ich sonst nie Tabletten nehme, ist es bei meinen Fersen manchmal die einzige Lösung, kommt aber selten zum Einsatz). Doch das Stechen blieb. Also weg von der Materie und es mit Atem und Vorstellung versuchen. Ich stellte mir vor, von oben durch den Scheitel Licht einzuatmen (nicht dass ich was gesehen hätte...), und es die Wirbelsäule entlang in die Füße und zu den Fersen fließen und dort kreisen zu lassen. Mein eigener Lehrer hat immer bekräftigt, was im indischen Yoga allgemein bekannt ist: dass man über den Atem sogar Krankheiten heilen kann. Und Toni Hasler, Trainer von Iron-Lady Natascha Badmann (übrigens auch Vegetarierin!), hat mir vor vielen Jahren mal erzählt, dass er bei seinen Triathleten bei Verletzungen manchmal eine "Lichtmeditation" benutzt bzw. anrät, bei der sie ebenfalls Licht in die verletzte Stelle senden - damals war ich recht erstaunt, so etwas von einem Schweizer Coach zu hören.

Was immer auch gewirkt haben mag, Schuhwechsel, Advil-Langzeitwirkung oder Atem und Licht - wenige Zeit später waren die Schmerzen weg und kamen erst ganz am Schluss für ganz kurze Zeit wieder.

Ab 5 Uhr, in der Stille der Morgendämmerung, mit feinen Nebelschwaden über dem Rasenplatz und, als die Musikgruppen Pause machten und nur das Vogelgezwitscher in den Bäumen und Hecken zu hören war, wurde es auf einmal wieder leichter. Nach 40 km wollte ich mir eine Pause gönnen, ich hatte auf 6 Uhr gehofft, aber es wurde etwas später - never mind. Ich hatte schon beschlossen, es jetzt locker zu nehmen, da ruft mir der "Anzeigentafel-Manager" zu: Vasanti, du bist auf dem Board (ganz unten, Platz 7)! O mei, also dranbleiben - ist für beide gut, für mich und die anderen. Dennoch habe ich mir jetzt eine 15-minütige Auszeit mit Massage und Kurzmeditation im Zelt des "Medical" verdient. Das ist wie das Schleifen der Säge.

Wieder draußen wurde das Gefühl leicht: von jetzt an geht es bergab - zeitlich gesehen. Bald erwachen auch die Musikgruppen wieder und übertragen ihre Energie und fröhliche Dynamik ein Stück weit auch auf uns - der Lauf-Rhythmus beschleunig sich in ihrer Nähe genauso wie bei den Zählertischen mit den unermüdlichen Anfeuerungen.

Immer wieder lasse ich meinen Blick über die grünen Hügel im Südosten oder einfach über die Anlage zu den vorbeiziehenden Läufern auf der anderen Seite schweifen, um mich von mir selbst abzulenken, und stelle mir einfach vor, ein Kind zu sein, das sich der Bewegung erfreut. Wie oft habe ich schon erlebt, dass man vor Schmerzen humpelt und sich quält, weil man ja weiß, wie lange man schon unterwegs ist, und auf einmal - schnipp - passiert etwas, und man läuft wieder und läuft und läuft, als wenn man gerade angefangen hätte. Gerade in den letzten Stunden erwachen bei vielen Läufern wieder neue Kräfte, die Stimmung steigt, die allgemeine Begeisterung verleiht neue Kräfte. Große Unterhaltungen hatte ich diesmal nicht, aber immer wieder werden nette, lustige oder aufmunternde Worte ausgetauscht, man ist eine Familie in dieser Läuferwelt.

Die Zeit verfliegt, die zweite Hälfte ist erstaunlicherweise wesentlich einfacher. Gegen Ende, als ich merke, dass ich die 70 km wider Erwarten schaffen werde, aber die Beinchen wieder nachlassen, gönne ich mir eine zweite Massage und ein paar Kreislauftrofpen. Und kann danach tatsächlich nochmal zulegen. (Großes Dankeschön auch nochmal an die unermüdlichen, selbstlosen Helferinnen und Helfer im Medical!!)

Zwar gibt es einige Walker, die wieder mal gleich schnell sind wie ich mit Laufen, aber der Rhythmus ist noch da. Allerdings kommen uns jetzt- trotz Medical - zunehmend immer wieder Läufer und Helfer entgegen, die die 24 Stunden vorzeitig abgebrochen haben. Einer sagt (sinngemäß): "So einen Lauf macht man halt zu 90 Prozent im Kopf." Sprich, wenn der Geist nicht mehr willig ist, dann macht der Körper eher schlapp. Dennoch - die meisten halten durch, überwinden ihre Tiefs.

Meine Angst vor der Hitze schien unbegründet - eine kühle Morgenbrise gleicht die zunehmend brennende Sonne lange Zeit aus, etwas Schatten schützt. Am Vortag hatten die Läufer nicht das Glück - die Temperatur stieg bis zu 30°C am Nachmittag, nachts kühlte es auf ca. 6°C ab. Wenn ich an die 6 Stunden in Nürnberg denke, kann ich trotzdem kaum glauben, dass ich hier jetzt noch so fit bin. Das gezwungenermaßen langsamere Tempo war für meinen Kreislauf auf jeden Fall positiv. Das merke ich am Schluss nochmal: Jetzt strenge ich mich nochmal richtig an, der Wind legt sich, die Sonne brennt, und als ich, statt die letzte Runde zu Ende zu laufen, mich schon mit den bequemen Schlappen in der Hand ins Massage-Zelt auf halber Strecke begebe, weil die Monster-Blase am rechten Fuss sich wieder gefüllt hat und der Fuß in 2 Wochen wieder gebraucht wird, wird mir ganz schummerig - der Kreislauf. Viel Wasser, ein paar homöopathische Tropfen, etwas Bioplasma und Beine hoch - dann geht es bald wieder. Es hat grad so gepasst.

Die Probleme bei diesem Lauf haben mich wichtige Dinge gelehrt oder wieder bewusst gemacht für August. Insgesamt hat mir der 12-Stunden-Lauf ein großes Gefühl von Zuversicht gegeben. Auch am nächsten Tag staune ich, wie fit ich mich insgesamt fühle. Mein Humpeln schaut zwar mitleiderregend aus, aber sobald ich in der Bewegung drin bin, kann ich joggen, Treppen rauflaufen, alles. Dass ich mit Gesamtplatz 7 der Damen und Platz 1 der Seniorinnen 1 (mangels weiterer Teilnehmerinnen meiner Altersklasse) trotz bescheidener 73, 4 km, über die ich aber sehr glücklich bin, noch eine weitere Trophäe für meine kleine Wohnung mitnehmen muss/darf, ist noch ein nettes Bonbon.


Zum Lauf selbst wäre noch anzumerken: es war die 20. Austragung dieses Events des Sri Chinmoy Marathon Teams, mit Teilnehmern ca. 25 verschiedener Nationaliäten. Jan Vandendriessche, Organisationschef der IAU (Internationalen Ultralauf-Vereinigung), kam extra aus Belgien gereist, um die Veranstaltung zu begutachten und erklärte bei der Siegerehrung voller Begeisterung und voll des Lobes: die Atmophäre, die Organisation, der Spirit - alles sei absolut beeindruckend und einzigartig für ihn gewesen.

Ein Läufer hatte übrigens auf sein Anmeldeformular geschrieben: "Ich freue mich auf die schönsten 24 Stunden des Jahres." Tja, man muss es zumindest miterlebt haben, um solche Ultrasportler zu begreifen.

A self-transcendence-mind

Has peace.

A oneness-heart

Is peace.

- Sri Chinmoy


Ergebnisse und offizieller Lauf-Bericht